Macht uns Russland nicht zum Feind – für eine Politik der Entspannung, der gemeinsamen Sicherheit und der Abrüstung

Die Politik gegenüber Russland war und ist immer umstritten - die deutsch-russischen Beziehungen sind ein Seismograf für den Friedensprozess in Europa.

Das Verhältnis von Russland und dem Westen ist geprägt durch eine lange und wechselvolle Geschichte. Die Lehren dürfen nicht vergessen werden und sind ein Wegweiser für Gegenwart und Zukunft. Für Russland kam aus dem Westen meist nichts Gutes, von Napoleon über Hitler bis zur nuklearen Hochrüstung im Kalten Krieg. 27 Millionen Tote des Zweiten Weltkrieges bleiben unvergessen. Nach Beendigung der Ost-West-Konfrontation und der Charta von Paris für eine friedlichen Ordnung in Europa wurden die Chancen auf eine echte Partnerschaft in einem „gemeinsamen Haus Europa“ vertan. Die Grundlagen dazu wurden untergraben durch Entwicklungen wie die NATO-Osterweiterung, die Stationierung der US-Raketenabwehr oder der Kosovo-Krieg und andere Militärinterventionen.

Mit westlicher Sieger-Mentalität, den Zurückweisungen und Degradierungen wurde Russland zu einem Feind gemacht, der nun seine eigenen Interessen auch gegen den Westen verfolgt und damit viel Kritik auf sich zieht, nach innen der Umgang mit der Opposition, nach außen die Stärkung nationalistischer Kräfte. Ein Großteil der westlichen Presse wirkt dabei hemmungslos am Feindbild Russland mit. Nach dem Motto "Die Russen sind an allem schuld" wird Russland in maßloser Weise für alles Mögliche verantwortlich gemacht, bis hin zur Destabilisierung Europas und einer Entscheidung von Wahlen in westlichen Ländern. Entwicklungen wie in der Ukraine oder in Syrien werden aus ihren historischen und aktuellen Bezügen gerissen. Die Dämonisierung Putins widerspricht einer rationalen und vernünftigen Politik, die einen Interessensausgleich anstrebt.

Es gab und gibt aber auch eine andere Seite im Verhältnis zu Russland. Die nach wie vor vorhandene positive Grundstimmung gegenüber Russland in der deutschen Bevölkerung eröffnet Chancen für ein Klima des Friedens und eine gute Nachbarschaft. Trotz der Sanktionen gegen Russland bestehen nach wie vor Wirtschaftsbeziehungen, eine Energiepartnerschaft und auch vielfältige Kontakte in der Wissenschaft. Weiterhin gibt es auch sehr viele Städtepartnerschaften, Freundschaftsgesellschaften, wissenschaftliche und kulturelle Formen der Zusammenarbeit, bis hin zur „Volksdiplomatie“  für die friedliche Gestaltung internationaler Beziehungen. 

Um die Beziehungen auf eine solide Grundlage zu stellen, braucht es  verschiedene Bausteine. Hierzu gehört die Wiederbelebung einer Politik gemeinsamer Sicherheit, in der  eigene Sicherheit nur gewährleistet ist, wenn auch die Sicherheit der anderen Seite garantiert ist. Kooperative Strukturen verschweigen nicht, dass es unterschiedliche, ja gegensätzliche Interessen geben kann, die im Sinne einer friedlichen Koexistenz zum Ausgleich gebracht werden statt Konflikte bis zum Krieg zu eskalieren. Um Gegensätze und Unterschiede zu überbrücken, Gemeinsamkeiten zu stärken und ein gegenseitigen Verständnis zu finden, sind Dialog, Verhandlungsbereitschaft und Kooperation, Kritik und Selbstkritik, Kompromissfähigkeit und verantwortungsvolle Diplomatie erforderlich. Dabei können auch Zivilgesellschaftliche Akteure und Aktivitäten wichtige Beiträge leisten, die auf Verständigung zielen statt auf Feinbildproduktion.

Eine Verständigung mit Russland ist dringlich, da die lösungsorientierte Bewältigung der globalen Herausforderungen, vom Klimawandel über nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung bis zur Gerechtigkeit und internationalen Friedenssicherung, eine gemeinsame Verantwortung und solidarische Antworten erfordern. Menschenrechte Demokratie, Gewaltenteilung und Parlamentarismus sind universelle Politikkonzepte, die als Basis für Verständigung und Menschlichkeit dienen sollten, und nicht als Kampfbegriffe für gegenseitige Beschuldigungen.

Es geht darum, militärische Aufrüstung zu stoppen, Spannungen abzubauen und durch Verhandlungen gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Abrüstung und die Zivilisierung von Konflikten sind unverzichtbare Bestandteile einer neuen Entspannungspolitik, die Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln verhindert. Ein Kernelement bleibt die nukleare Abrüstung. Statt bestehende Abrüstungsabkommen wie den INF-Vertrag aufzukündigen, ist das Verbot und die Abschaffung von Atomwaffen das Gebot der Stunde und die sicherste Möglichkeit, einen Atomkrieg in einer fragilen Weltlage zu verhindern.

Das ist Russlandpolitik im 21. Jahrhundert. Geschichtliche Erfahrungen und Lösungskonzepte wie die von Willy Brandt realisierte Entspannungspolitik müssen genutzt und weiterentwickelt werden statt sie immer weiter zu entleeren.

Internationale Münchner Friedenskonferenz

Am 9. und 15.-17.02. findet die 17. Internationale Münchner Friedenskonferenz statt. Die NaturwissenschaftlerInnen-Initiative gehört zum Trägerkreis der Friedenskonferenz. Daher möchten wir Sie auf das diesjährige Programm aufmerksam machen.

Hier können Sie das Programm und das Plakat der Veranstaltung als PDF herunterladen >

Wissenschaft zwischen Krieg und Frieden

Wir möchten Sie noch einmal auf die Veröffentlichung der Vorträge des Kongresses "Wissenschaft zwischen Krieg und Frieden: Was können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für den Frieden tun?" hinweisen, der vom 15.-16.06.18 in der Technischen Universität Berlin stattgefunden hat.

Alle Beiträge und das Programm des Kongresses finden Sie hier: http://natwiss.de/wissenschaft-zwischen-krieg-und-frieden/

Folgende Beiträge können Sie sich als Video ansehen:

- Kein Krieg ohne Wissenschaft - keine Wissenschaft ohne Krieg? Die Wissenschaft als Teil organisierter Gewalt und ihr kritisches Gegenüber: Lothar Brock (VDW)

- Atomwaffen: von der Sicherheitslogik zur Friedenslogik: Alex Rosen (IPPNW)

- Die Herausforderungen unserer Zeit – Kriege in der globalisierten Welt: Reiner Braun (NatWiss, IPB)

- Militarisierung der Forschung in Deutschland und Europa: Claudia Haydt (IMI)

- Zivilklausel in Deutschland und in Japan: Hartwig Hummel (Uni Düsseldorf, W&F)

- Podiumsdiskussion: Wissenschaft zwischen Krieg und Frieden
Hartmut Grassl (VDW), Werner Ruf (Friedensforscher), Ernst Ulrich von Weizsäcker (Club of Rome), Hartwig Hummel (Uni Düsseldorf, W&F)

- Wissenschaft und Frieden (exemplarische Bsp.) | Berichte aus den Gesprächsrunden

- Friedensforschung und ihre Ambivalenz: Werner Ruf (Friedensforscher)

- Klimakonflikte und Beiträge der Wissenschaft zum nachhaltigen Frieden: Jürgen Scheffran (NatWiss)

- Was können die Gewerkschaften für den Frieden tun?: Marlis Tepe (GEW)

- Verantwortung der Wissenschaft in Zeiten zunehmender Militarisierung: Sybille Brosius (NatWiss)

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NaturwissenschaftlerInnen-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit

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