Quo vadis, Friedensforschung?

herausgegeben von Malte Albrecht, Sabine Jaberg, Christiane Lammers, Werner Ruf und Jürgen Scheffran

2022 war ein Jahr, in dem Friedensund Konfliktforschung in besonderer Weise gefordert war. Kein Krieg in der jüngeren Vergangenheit hat die bundesdeutsche Öffentlichkeit so anhaltend und folgenreich geprägt und gespalten, wie der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Neben die einhellige Verurteilung des Krieges tritt die Kontroverse um Ursachen und politischen Umgang mit dem Krieg: Hat die NATO wesentlich dazu beigetragen, dass der Konflikt eskaliert ist? Muss die Ukraine militärisch unterstützt werden? Soll Russland „ruiniert“ (Baerbock) werden? Soll der Krieg schnellstmöglich durch Verhandlungen beendet werden?

Das jährliche Friedensgutachten, eine Gemeinschaftsproduktion der großen Forschungsinstitute in Deutschland, sorgte sowohl in der friedensbewegten als auch der friedenswissenschaftlichen Community für Irritationen. Medial wurden vor allem dessen Legitimierung von Waffenlieferungen und die Warnung vor einem Atomkrieg kolportiert. Das Friedensgutachten hat damit die Möglichkeit weitgehend verpasst, das öffentliche Wissen um die Ursachen und die zivile Beendigung von Kriegen in der Debatte zu stärken.

Das nun vorliegende Dossier ist ein Ergebnis dieser Irritation und anschließender Diskussionen über die Frage nach Möglichkeiten, Limitierungen und Abhängigkeiten heutiger Friedensforschung. Die versammelten Beiträge sollen eine Inspiration für wissenschaftlich und politisch engagierte Menschen gleichermaßen sein, die engen Grenzen des Bestehenden für friedenslogische Argumentationen zu öffnen.