Wir betrauern den Tod von Maurizio Ragnetti, der nach langem Kampf gegen eine übermächtige Krankheit am 13.10.2023 in Mainz-Kastel viel zu früh verstorben ist. Damit ist eine starke, beharrliche Stimme für den Frieden und eine bessere Welt für immer verstummt.
Maurizio war ein Mahner – nicht nur im Dienste wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Gefahren der atomaren Aufrüstung und Kriegslogik in der Politik. Maurizio hat ebenso unermüdlich vor der Überheblichkeit gewarnt, anderen Menschen ihre Interessen und die Welt zu erklären. Seine kritische Selbstreflektion, aber auch seine Fähigkeit zur sachlichen Kritik, haben nicht zuletzt die Positionen und Erklärungen der Naturwissenschaftler*inneninitiative NatWiss e.V. besser und treffender gemacht.
Maurizio hat dabei nie die große Bühne gesucht, sondern war die Person, die dafür gesorgt hat, dass etwas funktioniert: indem er die größten Pläne praktikabel machte und ihre Umsetzung selbst in die Hand nahm. Maurizio gehört zu den Gründungsvätern von NatWiss e.V. Als Promotionsstudent der Chemie an der Universität Mainz hat er 1983 den internationalen Kongress „Verantwortung für den Frieden, Naturwissenschaftler warnen vor neuer Atomrüstung“ mitorganisiert. Aus dem Positionspapier des „Mainzer Appells“ entstand NatWiss. Er war von Anfang an prägend bei den Friedensaktivitäten der Naturwissenschaftler*innen dabei; bei der Organisation der großen Kongresse seit 1983, den vielfältigen Aktionen der Friedensinitiative an der Universität in Mainz in den 80iger Jahren und dem Arbeitskreis Umwelt und Frieden in Mainz-Kastel. Noch im Sommer dieses Jahres hat er sich an den Protesten gegen das NATO-Luftmanöver in Mainz-Kastel beteiligt.
Maurizio ließ sich in keiner Schublade einsperren. Er war Aktivist, aber auch Wissenschaftler. Er arbeitete als Chemiker in der Farbenbranche und wirkte unermüdlich im Restaurant seiner Frau. Er hat die Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit gelebt und dabei Generationen miteinander in Austausch gebracht und verbunden. Seine Gastfreundschaft und Offenheit waren ebenso einnehmend wie sein jung gebliebener Geist.
Sibylle Brosius, damals zusammen mit Maurizio aktiv bei der Mainzer Friedensinitiative und auch am Institut für Physikalische Chemie in Mainz, wurde von ihm vor einigen Jahren in den Vorstand von NatWiss geholt: „Heute wie damals war er derjenige, der uns nach heißen Diskussionen mit ein paar einfachen Worten wieder auf den Teppich holte. Immer hat er darauf bestanden, dass die bessere Welt, die wir alle wollen, schon jetzt stattfindet, wann immer wir es in der Hand haben; so in der Art, wie wir miteinander umgehen, mit seiner Freude an Kultur und gutem Essen. Maurizio und ich haben an demselben Institut promoviert. Sein entspannter Optimismus war für mich immer inspirierend und aktivierend. So hat er mich in Italienisch und ich ihn im Flötespielen unterrichtet. Gefeiert wurde immer, wenn es etwas zu feiern gab. Sein freundschaftlicher Rückhalt war für alle wichtig. Bei der Jubiläumsfeier des 40sten Jahrestages des Mainzer Appells im Sommer hat er ein letztes Mal eine Aktion gerettet – es war auch sein Abschied.“
Ersetzen können wir Maurizio nicht. Aber wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass die Dinge Bedeutung erfahren, für die er so beharrlich eingetreten ist: Verantwortung, Frieden und das unermüdliche Engagement für eine bessere Welt. Wir sind mit dieser Aufgabe nun auf uns gestellt, wir haben einen Freund verloren. Der Verlust für seine Familie, seine Frau und seine Kinder ist unermesslich. Unsere Gedanken sind bei ihnen.
Wir werden dich vermissen.
Ciao, Maurizio, ciao