Dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten – nukleare Aufrüstung Deutschlands stoppen!

NatWiss unterstützt den Appell der IALANA und bittet um Mitzeichnung unter: https://appell.ialana.de/

Wortlaut des Appells:

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

wir wenden uns hiermit an Sie und zugleich an alle Mitglieder der Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit dem dringenden Appell:

Unterzeichnen und ratifizieren Sie den Atomwaffenverbotsvertrag!

Stoppen Sie die Stationierung der neuen US-amerikanischen B 61-12 Atombomben auf dem Fliegerhorst der Bundesluftwaffe in Büchel und die damit verbundene neue gefährliche atomare Aufrüstung auf deutschem Boden!

Unterlassen Sie die geplante Anschaffung von 45 US-amerikanischen F 18 Jagdflugzeugen als Kernwaffenträger für das taktische Luftwaffengeschwader 33 der Bundeswehr!

Wir befinden uns derzeit an einer wichtigen Wegkreuzung in der Auseinandersetzung um die Nuklearrüstung auf deutschem Boden. Einerseits hat am 24. Oktober 2020 der 50. Staat den Atomwaffenverbotsvertrag ratifiziert, sodass dieser am 22. Januar 2021 in Kraft treten wird. Damit ist die Tür weit offen für eine neue Dynamik mit dem Ziel der Abschaffung aller Atomwaffen.

Andererseits weigert sich die Bundesregierung noch immer, den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen und beteiligte sich stattdessen im Oktober 2020 erneut an einem militärischen Manöver, in dem unter dem Namen Steadfast Noon der Atomkrieg geprobt wurde. Im Zentrum stand dabei der Einsatz der 46 Tornados des taktischen Luftwaffengeschwaders 33 in Büchel im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“. Geübt wurde nach einem Korrespondentenbericht der FAZ aus dem NATO-Hauptquartier in Brüssel der Einsatz von Atomwaffen gegen Ziele in Russland.

Der Einsatz von Atomwaffen wird wahrscheinlicher

Mit dem inzwischen entfachten Handelskrieg und der tiefen Wirtschaftskrise, die durch die COVID-19 Pandemie weltweit Platz greift, drohen neue bewaffnete Konflikte, die das Risiko in sich bergen, in einen mit Nuklearwaffen ausgetragenen Krieg zu eskalieren. Die Territorialkonflikte im südchinesischen Meer, im Mittelmeer zwischen der Türkei, Griechenland und Zypern und in Bergkarabach erregen aktuell unsere Besorgnis. Schon in einer Bundestagsdebatte vom 25. Juni 2008 hatte der seinerzeitige außenpolitische Sprecher der CDU/CSU Fraktion Eckart von Klaeden einen möglichen bewaffneten Konflikt zwischen Israel und dem Iran als Szenario für einen Nuklearwaffeneinsatz durch Deutschland gegen den Iran beschrieben. Von dem amerikanischen Journalisten Bob Woodward wissen wir, dass Trumps ehemaliger Verteidigungsminister Mattis mit konkreten Vorbereitungen zu einem Atomwaffeneinsatz gegen Nordkorea befasst war.

Neue Atomwaffen, wie die jetzt in den USA entwickelte B 61-12 Bombe, die wie eine Lenkwaffe ins Ziel gesteuert werden kann und deren Sprengwirkung regulierbar ist, senken die Hemmschwelle, sie im bewaffneten Konflikt einzusetzen. Die neuesten Militärplanungen der NATO sehen vor, den Einsatz von Atomwaffen mit niedriger Sprengkraft in die konventionelle Kriegsführung auf dem Gefechtsfeld zu integrieren. Wer ständig den Einsatz von Atomwaffen übt und damit droht, der wird am Ende auch den Einsatzbefehl erteilen.

Der politische Wechsel in den USA ist zudem ein Anlass, die transatlantischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA auf der Grundlage des Friedensgebots des Grundgesetzes und der Charta der Vereinten Nationen und der Regeln des humanitären Völkerrechts neu auszurichten.

Der Einsatz von Atomwaffen und die Drohung mit deren Einsatz verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht.

Der Einsatz von Atomwaffen durch deutsche Soldaten wäre wegen des damit verbundenen Verstoßes gegen vielfältige Regeln des humanitären Völkerrechts rechtswidrig. Dies ergibt sich aus dem epochalen Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen, das dieser im Auftrag der Generalversammlung der VN am 08. Juli 1996 erstattet hat. Die Drohung mit dem Einsatz und der Einsatz von Atomwaffen verstoßen danach generell gegen die Prinzipien und Regeln des Völkerrechts, die für bewaffnete Konflikte gelten. Deren Waffenwirkung unterscheidet nicht zwischen Kombattanten und Zivilisten, sie verursacht unnötige Qualen, führt zu Schäden an den Lebensgrundlagen der Menschen und der Umwelt und zieht grenzüberschreitend Staaten in Mitleidenschaft, die am Konflikt unbeteiligt sind.

In diesem Zusammenhang beruft sich die Bundesregierung stets darauf, dass der IGH im Tenor seines Gutachten auch erklärt hat, er könne angesichts der gegenwärtigen Lage des Völkerrechts und angesichts des ihm zur Verfügung stehenden Faktenmaterials nicht definitiv die Frage entscheiden, ob die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen in einer extremen Selbstverteidigungssituation, in der die Existenz eines Staates auf dem Spiel stünde, rechtmäßig oder rechtswidrig wäre.

Aus dem Kreis der Atomwaffenstaaten war argumentiert worden, dass der Einsatz von Atomwaffen in einer extremen Notwehrsituation jedenfalls dann erlaubt sein müsse, wenn es sich bei den eingesetzten Atomwaffen um „saubere“ Atomwaffen mit niedriger Sprengkraft handele. Die Aussage des Gerichts hierzu war der Tatsache geschuldet, dass nach der Feststellung des IGH keiner der Staaten, die für die Rechtmäßigkeit der Anwendung von Atomwaffen eintreten, in dem Verfahren näher ausgeführt hatte, welche die genauen Bedingungen eines solchen ausnahmsweise zulässigen Einsatzes sein sollten und welche Eigenschaften angeblich „saubere“ Atomwaffen haben könnten. Wie der seinerzeitige Präsident des IGH, Mohammed Bedjaoui, in einer Besprechung des Gutachtens erklärte, bekundete der Gerichtshof mit dieser Passage lediglich seine fehlende Information über die von den Atomwaffenstaaten behauptete mögliche Entwicklung von „sauberen“ Atomwaffen. Nach seiner Überzeugung sei gerade die bei der Explosion von Atomwaffen freigesetzte radioaktive Strahlung die typische Eigenschaft von Atomwaffen, die gegen das humanitäre Völkerrecht verstoße. „Saubere“ Atomwaffen, die keine radioaktive Strahlung verursachten, seien eben keine Atomwaffen mehr.

Entscheidend bleibt somit, dass der IGH in den Gründen seines Gutachtens wiederholt betont hat, Notwehr sei nur mit Waffen erlaubt, deren Anwendung den Prinzipien und Regeln des humanitären Völkerrechts nicht widersprechen; der IGH hat erklärt, dass das Notwehrrecht nach Art. 51 UN-Charta durch das humanitäre Völkerrecht eingeschränkt ist, „welche Mittel der Gewalt auch eingesetzt werden.“ Damit ist Notwehr mit Atomwaffen grundsätzlich völkerrechtlich verboten, weil diese nach dem gegenwärtigen Stand der Waffentechnik nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten unterscheiden, vor allem durch ihre radioaktive Strahlung unnötige Qualen verursachen und neutrale Staaten grenzüberschreitend in Mitleidenschaft ziehen.

Zudem kann durch die ausdrückliche Erklärung des IGH, dass er über den Einsatz von Atomwaffen in einem bestimmten Szenario unter bislang unbekannten Bedingungen keine Entscheidung treffe, nicht der Schluss gezogen werden, er habe diese Frage in dem Sinne beantwortet, der Einsatz in diesem Szenario sei völkerrechtlich zulässig. Eine Frage offen zu lassen heißt eben gerade nicht, sie zu bejahen.

Die Regeln des humanitären Völkerrechts sind danach auch im Falle der Verteidigung in einer Notwehrsituation zur Abwehr eines akuten Angriffs nach Art. 51 UN-Charta zu beachten und gelten somit auch in jedem erdenklichen Bündnisfall nach Art. 5 des NATO-Vertrags.

Für die B 61-12 Bomben gilt nichts anderes. Sie sind keine „sauberen“ Atombomben. Ihr Einsatz wäre ein Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht und ein größtmögliches Kriegsverbrechen. Ihre Stationierung auf deutschem Boden muss verhindert werden!

Die Übernahme von Atomwaffen durch die USA und deren Einsatz durch deutsche Soldaten verstößt gegen die Verpflichtung Deutschlands aus dem Nichtverbreitungsvertrag NVV

Die Übergabe der US-amerikanischen Atombomben durch die USA an die Soldaten der Bundeswehr in dem Fall eines Nuklearwaffeneinsatzes würde gegen Art. II NVV verstoßen. Darin heißt es:

„Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen…“

Nach diesem eindeutigen Wortlaut des Vertrages wäre die Übernahme von Atombomben durch deutsche Soldaten, wie sie gerade im Oktober 2020 in der Übung „Steadfast Noon“ wieder geprobt wurde, vertragswidrig. Der Vertrag ist durch seine Ratifizierung gemäß Art. 59 Abs. II GG zugleich Bestandteil des Bundesrechts. Auf dessen Einhaltung haben die Mitglieder der Bundesregierung ihren Amtseid geschworen. Zudem entspricht die Beachtung der Regeln des NVV der Bindung der Öffentlichen Gewalt an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. III GG.

Die Einwendungen, die die Bundesregierung hiergegen erhebt, sind nicht tragfähig.

Nach einer „Kurzinformation“ des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages WD 2 – 3000 – 147/19 (7. Januar 2020), die auch die Auffassung der Bundesregierung wiedergibt, soll diese Verbotsregelung des NVV der nuklearen Teilhabe nicht entgegenstehen, denn darunter verstehe man „Zwei Schlüssel-Vereinbarungen“ die festlegten, dass der Kernwaffenstaat und der Staat, in dessen Hoheitsgebiet Kernwaffen stationiert sind, nur gemeinsam über deren Einsatz entscheiden könnten. Eine Weitergabe von Kernwaffen im Sinne des Art. II NVV stelle dies nicht dar. Mehr wird dazu nicht gesagt. Dabei wird verkannt, dass diese Interpretation dem eindeutigen Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Regelung widerspricht. Durch die Übergabe der Atomwaffen gelangen die Soldaten der Bundeswehr und damit die Regierung der Bundesrepublik Deutschland eben in deren unmittelbaren Besitz, selbst wenn die USA durch einen Einsatzvorbehalt einen „zweiten Schlüssel“ und damit den mittelbaren Besitz behalten sollten. Genau dies ist aber der Vorgang, der in der vertraglichen Verbotsnorm beschrieben ist. Die Argumentation stellt somit nur eine fadenscheinige Ausflucht dar.

Die zweite Argumentation der Bundesregierung stützt sich auf einen vermeintlichen Vorbehalt, den die Bundesregierung bei Unterzeichnung des Vertrages erklärt habe. Dieser sei dem „Rusk-Brief“ vom 09.07.1968 an Präsident Johnson und den US-Senat zu entnehmen. Danach sollen die Verpflichtungen aus dem NVV dann nicht mehr gelten, wenn „eine Entscheidung Krieg zu führen getroffen wird“. Dieser Vorbehalt verstößt gegen Sinn und Zweck des Vertrages und ist damit gemäß Art. 19 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge WÜV aus materiell-rechtlicher Sicht unwirksam. Die Interpretation würde darauf hinauslaufen, dass jeder Atomwaffenstaat in jedem bewaffneten Konflikt dazu berechtigt wäre, jeden seiner Verbündeten mit Atomwaffen auszurüsten. Gerade dies soll durch den Vertrag aber verhindert werden. Im Übrigen fehlt es schon an der formellen Rechtmäßigkeit gemäß Art. 23 WÜV, da die „Interpretationserklärung“ den übrigen 190 Vertragspartnern des NVV nicht bekannt gemacht wurde.

Ohne Atomwaffenverzicht keine deutsche Einheit

Ohne das Einhalten der Verpflichtungen aus dem NVV und den konsequenten Verzicht auf ABC-Waffen wäre die deutsche Wiedervereinigung mit dem 2+4 Vertrag von 1990 vor 30 Jahren nicht zustande gekommen. Nach der Darstellung des damaligen Leiters der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amts und Völkerrechtsberaters der Bundesregierung Martin Ney in seinem Aufsatz „Der 2+4 Prozess aus der Sicht des Rechtsberaters“ in der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 75 2015, 619-633 war der 2+4 Vertrag im Obersten Sowjet heiß umstritten. Dass das Gebiet der ehemaligen DDR künftig der NATO angehören solle, war für die damalige Sowjetunion eine schwer erträgliche Vorstellung. Den Verhandlungsdurchbruch brachte erst die Rede von Außenminister Genscher anlässlich der Vierten Überprüfungskonferenz des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen am 22.08.1990, in der er diesen Verzicht bekräftigte sowie dessen ausdrückliche Aufnahme in Art. 3 Abs. 1 des 2+4 Vertrages.

Darin heißt es: „Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Verpflichtung auf den Verzicht auf Herstellung und Besitz von und auf Verfügungsgewalt über atomare, biologische und chemische Waffen. Sie erklären, dass auch das vereinte Deutschland sich an diese Verpflichtungen halten wird. Insbesondere gelten die Rechte und Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 für das vereinte Deutschland fort.“

Die Übernahme von US-amerikanischen Atomwaffen und deren Einsatz durch das taktische Luftwaffengeschwader 33 der Bundesluftwaffe wäre daher auch ein Bruch des Vertrags, durch den Deutschland seine Einheit und uneingeschränkte Souveränität wieder gewonnen hat.

Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (TPNW) entscheidender Schritt zur Erfüllung der Abrüstungsverpflichtung aus Art. VI NVV

Am 24. Oktober 2020 hat der fünfzigste Staat den „Vertrag über das Verbot von Kernwaffen“ (TPNW) ratifiziert. Neunzig Tage nach Hinterlegung der entsprechenden Urkunde bei der UN, am 22. Januar 2021, tritt der Vertrag in Kraft und wird dann für alle Staaten rechtsverbindlich, die dem Vertrag beigetreten sind.

Der Atomwaffenverbotsvertrag wurde unter dem Dach der UN verhandelt und am 7. Juli 2017 in New York von den Vertretern der teilnehmenden Staaten mit 122 Ja-Stimmen bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung angenommen. Die Atomwaffenstaaten haben sich daran nicht beteiligt.

Der Vertrag bekräftigt die sich aus Art. VI des NVV ergebende Verpflichtung, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen und erfolgreich abzuschließen, die zur vollständigen atomaren Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle führen. Diese Verpflichtung hat der Internationale Gerichtshof 1996 in seinem Gutachten für die UN-Generalversammlung einstimmig hervorgehoben. Sie wird nun durch den Boykott des TPNW durch die Atomwaffenstaaten und alle NATO-Mitglieder erneut missachtet.

Der Beitritt zu dem Abkommen verpflichtet seine Vertragsstaaten schon jetzt dazu, ihr Staatsgebiet zu atomwaffenfreien Zonen zu machen. 50 Staaten sind diesen Schritt bereits gegangen und machen die Welt damit ein großes Stück sicherer.

Sehr geehrte Frau Dr. Frau Merkel,

wir rufen Sie und die Mitglieder der Bundesregierung und alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages dazu auf: Gehen Sie diesen Weg mit!

Mit freundlichen Grüßen

Otto Jäckel

Atomwaffenverbotsvertrag tritt in Kraft

Am 22.1.2021 tritt der UN-Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft.

Dann verbietet er allen beigetretenen Staaten die Herstellung, Weitergabe, Stationierung und Drohung sowie den Einsatz von Atomwaffen. 86 Staaten haben den Vertrag bereits unterzeichnet, 51 haben ihn ratifiziert. Ein großer Teil der Staatengemeinschaft sagt damit „Stopp“ zur nuklearen Aufrüstung.

Das hat tiefgreifende Auswirkungen – nicht sofort, aber in den kommenden Jahren.

Ähnlich wie bei Landminen und Streumunition werden wir beobachten, dass Atomwaffen immer mehr geächtet werden. Banken werden sich aus der Finanzierung zurückziehen, weitere Länder dem Verbotsvertrag beitreten. So wächst der Druck auf die Atommächte!

Dass dieses Ziel erreicht werden konnte, ist zu großen Teilen der weltweiten Zivilgesellschaft zu verdanken!

Die deutschen ICAN-Partner rufen rund um den 22. Januar 2021 zu verschiedenen Aktionen und Aktivitäten auf!

Am 22. Januar 2021 feiern wir das Inkrafttreten dieses historischen Vertrages,
der unsere Welt sicherer machen wird, indem er das Ende der Atomwaffen einleitet.

Und wir senden ein deutliches Zeichen an die Bundesregierung:
Deutschland muss dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten und dafür sorgen, dass die US-Atombomben aus Büchel abgezogen werden!

Geplant sind:

Flaggen- und Plakataktionen, kleinere Kundgebungen im Berliner Regierungsviertel und an weiteren zentralen Orten, Online-Veranstaltungen, Informationskampagnen in den Sozialen Medien sowie fundierte Erklärungen und Antworten für Presse und Politik.

Mehr Informationen dazu: www.nuclearban.de         

Hier kann die Einladung als PDF heruntergeladen werden >

LOCKDOWN für Rüstung, Militär und Krieg

Aufruf zu den Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

Samstag, 20. Februar 2021
13 Uhr Odeonsplatz – München                       

Bereits seit 2019 bewegen wir uns auf eine der größten Wirtschaftskrisen zu. Das Coronavirus und seine Folgen haben diese Krise nochmals verschärft. Die Kluft zwischen der Armut Vieler und dem unermesslichen Reichtum einiger Weniger wird immer größer.
Wir erleben seit Jahren hautnah wie soziale und demokratische Rechte abgebaut werden und sich Rassismus und Nationalismus weiter ausbreiten. Zeitgleich bedroht die globale Klimakatastrophe die gesamte Menschheit. Die aktuelle Krise verschärft die dem Kapitalismus inne wohnende zerstörerische Konkurrenz um Ressourcen, Absatzmärkte und Impfstoffe. Der Versuch, Großmacht- und Vorherrschaftsinteressen gewaltsam durchzusetzen, erhöht die Kriegsgefahr. Kriege kosten unzählige Menschenleben, verwüsten ganze Regionen der Erde und die Umwelt, rauben künftigen Generationen die Lebensgrundlage und treiben die Menschen millionenfach in die Flucht.

Die weltweiten Militärausgaben erreichten 2019 die Rekordhöhe von 1.917 Milliarden Dollar. Davon entfallen allein 1.035 Mrd. Dollar auf die NATO-Staaten. Das sind 16 mal soviel wie die Ausgaben Russlands und 4 mal soviel wie die von VR China.

Militärische Aufrüstung ist aber genau die falsche Antwort auf die großen Herausforderungen unserer Zeit. Wir brauchen zivile Antworten, eine neue Friedens- und Entspannungspolitik auf der Grundlage gemeinsamer Sicherheit und Abrüstung und eine Wirtschaftsordnung, die sich nicht an Profitmaximierung orientiert.

Die „Sicherheitskonferenz“: ein Etikettenschwindel

Auf der „Münchner Sicherheitskonferenz“ (SIKO) geht es nicht – wie Konferenzleiter Ischinger behauptet – um die „friedliche Lösung von Konflikten“, nicht um die Sicherheit der Menschen hier und anderswo auf der Welt. Dort geht es vor allem um die Rechtfertigung der NATO, ihrer Milliarden Rüstungsausgaben und ihrer Kriegseinsätze, die uns als „humanitäre Interventionen“ verkauft werden. Die Kriege der NATO-Staaten dienen ausschließlich der Durchsetzung ihrer globaler Macht- und Wirtschaftsinteressen.

Rüstung und Krieg schaffen keine Sicherheit

Sicherheit bedeutet für uns vor allem soziale Sicherheit, existenzsichernde Einkommen, einen leistungsfähigen Sozialstaat, Gesundheitsversorgung und Bildung für alle, eine zukunftsfähige Infrastruktur, die Verhinderung von Hunger und Armut weltweit und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Sicherheit kann es nur geben, wenn die Klimakatastrophe verhindert wird und auf militärische und wirtschaftliche Gewalt verzichtet wird.

Deutschland auf Kriegskurs – Nicht mit uns

– Die NATO- und US-Basen in Deutschland dienen als zentrale Drehscheibe für die völkerrechtswidrigen Kriege im Nahen und Mittleren Osten. Mit der Relaisstation in Ramstein ist Deutschland mitverantwortlich für den illegalen Drohnenkrieg der USA, durch den bereits viele tausende Menschen hingerichtet wurden.

– Mit der „nuklearen Teilhabe“ beteiligt sich Deutschland an der Atomkriegsstrategie der USA. Im Kriegsfall sollen die in Büchel stationierten US-Atombomben von Bundeswehr-Piloten ins Ziel geflogen werden. Um die Atomkriegsfähigkeit Deutschlands weiterhin sicherzustellen, plant die Bundesregierung für 8 Milliarden Euro den Kauf von 45 Boeing F-18 Kampfflugzeugen.

– Mit der Kündigung des INF-Vertrags durch die US-Regierung droht jetzt die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen und damit die Gefahr eines Atomkrieges in Europa.

– Bei den Waffenexporten liegt Deutschland weltweit auf dem skandalösen vierten Rang. Deutsche Rüstungskonzerne beliefern unter anderem die saudische Kriegskoalition für ihren völkerrechtswidrigen Krieg im Jemen.

– Bevorzugter Kunde deutscher Waffenlieferungen ist das Erdogan-Regime der Türkei, das einen blutigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung führt und völkerrechtswidrig in Nordsyrien einmarschiert ist, um das demokratische, emanzipatorische Projekt in Rojava zu zerschlagen.

– Die Militär- und Rüstungsausgaben Deutschlands sind seit 2010 von 32 Mrd. auf 46,8 Mrd. Euro für 2021 gestiegen und sollen, trotz Wirtschaftskrise und drohender Kürzung in der Daseinsvorsorge in den kommenden Jahren weiter drastisch erhöht werden. Die Bundeswehr wird für zig Milliarden hochgerüstet: Sie soll mit Mehrzweckkampfschiffen, U-Booten, Fregatten, neuen Eurofightern und mit bewaffneten Drohnen ausgerüstet werden.

– Gemeinsam mit Frankreich treibt die Bundesregierung die Militarisierung der EU voran. Beide Regierungen haben das bisher teuerste europäische Rüstungsprogramm aller Zeiten beschlossen. Die Entwicklung und Anschaffung bewaffneter EU-Drohnen, eines neuen Kampfpanzers und eines Kampfflugsystems mit Drohnenschwärmen werden mehrere hundert Steuermilliarden verschlingen.

Verantwortungsvolle Politik heißt für uns:

> Schluss mit dem brandgefährlichen Konfrontationskurs und dem Truppenaufmarsch gegen Russland und die VR China. Statt Säbelrasseln mit wirtschaftlicher Erpressung und militärischen Drohungen braucht es Verhandlungen und zivile Konfliktbearbeitung. Frieden kann es nur mit und nicht gegen Russland und China geben.

> den Aufrüstungswahnsinn beenden. Abrüstung ist das Gebot der Stunde. Statt Milliardensummen für die militärische Aufrüstung und Kriegsvorbereitung zu verschleudern, brauchen wir Investitionen in die Sozialsysteme, in das Gesundheits- und Bildungswesen sowie in den Umweltschutz.

> die Auslandseinsätze der Bundeswehr beenden. Sie haben mit Landesverteidigung nicht das Geringste zu tun. Keine Bundeswehreinsätze im Inneren. Im Katastrophenfall brauchen wir keine Bundeswehr, sondern das Technische Hilfswerk (THW). Bundeswehr abschaffen.

> Deutschland darf keinerlei Beihilfe zu den US-Drohnenmorden und zu völkerrechtswidrigen Angriffskriegen leisten. Die US-Airbase Ramstein, die US-Truppenstützpunkte und alle anderen Kommandozentralen der USA und NATO in Deutschland müssen geschlossen werden. Deutschland raus aus der NATO und aus allen Militärstrukturen der EU.

> Schluss mit allen Rüstungsexporten Deutschlands und der EU! Verbot der Lizenzvergabe und Verlagerung von Rüstungsproduktion ins Ausland. Die todbringenden Geschäfte der Waffenhändler und Kriegsprofiteure unterbinden. Statt Hetze gegen Menschen zu dulden, die vor den auch mit deutschen Waffen geführten Kriegen fliehen, sind wir solidarisch mit den Geflüchteten.

> Schluss mit der ausbeuterischen Wirtschaftspolitik, die Kriege, Armut und Flucht verursachen! Fluchtgründe beseitigen, statt zu erzeugen.

> Keine Beteiligung Deutschlands an der Atomkriegsstrategie der USA. Die Bundesregierung darf die Stationierung von Mittelstreckenwaffen nicht genehmigen; sie muss die Trainingsflüge der Bundeswehr für den Einsatz der US-Atombomben einstellen und die Stationierung der Atomwaffen verbieten. Und sie muss dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten.

> Wir treten ein für die Einhaltung des Völkerrechts und die Stärkung der Vereinten Nationen (UNO) als Institution gemeinsamer Sicherheit.

Geht mit uns auf die Straße

gegen Krieg und militärische Aufrüstung, für weltweite soziale Gerechtigkeit, für Solidarität mit denen, die vor Krieg, Hunger und der Zerstörung ihrer Heimatländer fliehen, und für eine sozial ökologische Transformation, um die Natur und das Klima zu retten, statt die Welt zu zerstören.

AKTIONSBÜNDNIS GEGEN DIE NATO-SICHERHEITS KONFERENZ

www.sicherheitskonferenz.de oder www.antisiko.de

Hier kann der Aufruf als PDF heruntergeladen und unterzeichnet werden >

Image-Werbung der Bundeswehr auf dem Ökumenischen Kirchentag

Die NaturwissenschaftlerInnen-Initiative unterstüzt den offenen Breif an die Mitglieder des Präsidiums des Ökumenischen Kirchentages 2021 und an die Presse

Wortlaut des Briefes:

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 12. Mai 2021 beginnt der Ökumenische Kirchentag in Frankfurt. Die Bundeswehr wird auch diesen Kirchentag für Kontaktpflege und Image-Werbung nutzen. Denn aus Sicht der Bundeswehr ist es nicht unwichtig, was die Mitglieder der Kirchen über Auslandseinsätze und Rüstungsausgaben denken.

Für den Ökumenischen Kirchentag 2021 ist wieder ein Gottesdienst geplant, der von Militärbischöfen, Militärgeistlichen und Militärmusikern gestaltet wird. Hohe Vertreter*innen der Bundeswehr werden teilnehmen. Militärpolizei wird die Veranstaltung sichern.

Darüber hinaus wird die Bundeswehr bzw. werden bundeswehrnahe Organisationen auf Diskussionspodien sowie durch Messestände präsent sein. Üblicherweise beteiligt sich auch ein Bundeswehr-Musikkorps am Kirchentag.

Wir leben in einer Zeit vieler Kriege und enormer Aufrüstung – auch der Bundeswehr. Kriege und Bürgerkriege haben unvorstellbar grausame Folgen. Wir meinen: Die Kirchen sollten ein Zeichen für Frieden und Abrüstung setzen, indem sie auf dem Ökumenische Kirchentag 2021 in Frankfurt keine Bundeswehr-Image-Werbung zulassen.

Deshalb fordern wir:
• Kein Bundeswehr-Gottesdienst auf dem Ökumenischen Kirchentag 2021!
• Keine Beteiligung eines Militärmusikkorps!
• Keine Image-Werbung der Bundeswehr!

Folgende Organisationen unterstützen diesen Brief:
1. Aktionsbündnis „Friedlicher Hessentag“
2. Aktiv für Frieden Bad Kreuznach
3. Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier (AGF)
4. Augsburger Friedensinitiative (AFI)
5. AWC Deutschland e.V. – Weltbürgerinnen und Weltbürger
6. Bremer Friedensforum
7. Brot & Rosen. Diakonische Basisgemeinschaft
8. Bund für Soziale Verteidigung (BSV)
9. Bundesarbeitsgemeinschaft Linke Christ*innen
10. Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche
11. Bürgerinitiative OFFENe HEIDe
12. Deutsches Mennonitisches Friedenskomitee (DMFK)
13. DFG-VK Bundesverband
14. DFG-VK Gruppe Erlangen-Region Oberfranken
15. DFG-VK Gruppe Nordschwaben
16. DFG-VK Landesverband Baden-Württemberg
17. DFG-VK Ost
18. Essener Friedensforum
19. Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Friedensarbeit und Kriegsdienstverweigerung, EAK-Württemberg
20. Frauen wagen Frieden, Frauenfriedensgruppe in der Evang. Kirche der Pfalz
21. Frauennetzwerk für Frieden (FNF)
22. Friedensbildungswerk Köln e.V.
23. Friedensbündnis Schwerin
24. Friedensbüro Hannover
25. Friedensforum Duisburg
26. Friedensgruppe Daun
27. Friedensinitiative Bad Tölz-Wolfratshausen
28. Friedensinitiative Hersfeld-Rotenburg
29. Friedensinitiative Langen – Sicherheit neu denken
30. Friedensinitiative Main-Taunus
31. Friedensinitiative Nottuln e.V.
32. Friedensinitiative Reichenbach im Vogtland
33. Friedenskoordination Potsdam
34. FriedensNetz Saar
35. Friedenspädagogischer Runder Tisch Freiburg „Schulfrei für die Bundeswehr – Lernen für den Frieden“
36. Friedensregion Bodensee e.V.
37. Friedenszentrum Braunschweig
38. Fürther FriedensForum
39. Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW Hessen
40. Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e.V.
41. Hanauer Friedensplattform
42. Heilbronner Friedensrat
43. Horber Initiative für den Frieden
44. IALANA – Deutschland, International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms (Deutsche Sektion)
45. Initiative „Welt ohne Waffen“ Weimar
46. Initiative Musiker/innen gegen die Auftritte der Militärmusikkorps
47. Initiative Ordensleute für den Frieden
48. Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW)
49. Internationale der Kriegsdienstgegner-innen e.V. IDK Berlin
50. Kampagne „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“
51. Keine Waffen vom Bodensee (KWvB) e.V.
52. Komitee für Grundrechte und Demokratie
53. Lebenshaus Schwäbische Alb – Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V., Gammertingen
54. NaturwissenschaftlerInnen-Initiative – Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e.V. (NatWiss)
55. Netzwerk Friedensbildung Baden-Württemberg
56. Netzwerk Friedenssteuer e.V.
57. Ohne Rüstung Leben (ORL)
58. Ökumenische Initiative zur Abschaffung bzw. Reform der Militärseelsorge
59. Ökumenisches Institut für Friedenstheologie (OekIF)
60. Ökumenisches Netz Rhein-Mosel-Saar
61. Oldies for Future Magdeburg
62. Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden (PPF)
63. pax christi Diözesanverband Aachen
64. pax christi Freiburg
65. pax christi Gruppe Offenbach
66. Rostocker Friedensbündnis
67. RüstungsInformationsBüro (RIB)
68. Sammlungsbewegung Aufstehen Schwerin
69. Sichelschmiede – Werkstatt für Friedensarbeit in der Kyritz-Ruppiner Heide
70. terre des hommes Deutschland e.V.
71. VVN-BdA Kreisvereinigung Offenbach am Main
72. Werkstatt für Gewaltfreie Aktion (WfGA)

Kontakt: Rainer Schmid, evang. Theologe, Ziegelstraße 25, 73431 Aalen, Tel. 0176 3678 5211, E-Mail: rainer.schmid@elkw.de und Peter Bürger, kath. Theologe, Düsseldorf, E-Mail: peter@friedensbilder.de

Hier kann der Brief als PDF heruntergeladen werden >

CETA, Schiedsgerichte, Klimaschutz und unser Gemeinwohl

Im Amazonas brennen die Wälder wie noch nie, um Fleisch und Soja für den Export nach Europa zu erzeugen. In Kanada fallen Urwälder, um Teersandöl für Europa zu fördern. Warum diese Beschleunigung der Umweltzerstörung? Getrieben wird das durch die neuen Freihandelsverträge der Europäischen Union, die große Gewinne für einzelne Investoren ermöglichen. Und das soll noch gesteigert werden: Sollten diese Gewinnerwartungen durch Staatshandlungen geschmälert werden, können Investoren zukünftig ihre entgangenen Gewinne bei supranationalen Investorschiedsgerichten einklagen – so die Idee der EU – Kommission. Dies ist bereits möglich für Energiekonzerne, die nach dem Energie-Charta-Vertrag von 1998 Staaten verklagen und so jetzt den Kohleausstieg bremsen und sehr teuer für den Steuerzahler machen. Und Vattenfall hat Deutschland so wegen des Atomausstieges bereits auf über 4 Mrd. € Schadensersatz verklagt.

Angedacht ist, mittels Freihandelsverträgen eben diese Möglichkeit – entgangene Gewinne einzuklagen –  auf alle Bereiche zu erweitern, also auch auf Klimaschutz, Daseinsvorsorge, Arbeitnehmerschutz, Verbraucherschutz usw., um ‚Handelshemmnisse‘ abzubauen. Die Aushandlung dieser Verträge geschieht im Geheimen, ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft. Mächtige Lobbyinteressen großer Firmen und Finanzkonzerne stehen dahinter und bestimmen mit. Presse und Politik schweigen weitgehend.

Das Freihandelsabkommen  CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen Kanada und der EU ist der erste Vertrag dieser Art, weshalb ich ihn einer genauen Analyse unterziehen will.

CETA beinhaltet 3 Komponenten, die weit über ein reines Freihandelsabkommen hinausreichen:

1) Regulatorische Ausschüsse, die völlig intransparent Regeln beschließen können, die ohne eine parlamentarische  Kontrolle direkt in geltendes Recht umgesetzt werden müssen. Sie bilden  auch eine Rechtsgrundlage für den Investorschiedsgerichtshof.

2)Investorschiedsgerichtshof (ICS: Investor-Court System), vor denen ausländische Investitoren Regierungen auf Schadensersatz verklagen können bei:

  • Direkter Enteignung: Das ist aber in der EU schon durch die staatliche Gerichtsbarkeit geregelt.
  • Indirekter Enteignung wie z.B. Enttäuschung einer Gewinnerwartung. Das ist ein schwammiger Begriff, juristisch auch bezeichnet als unbestimmter Rechtsbegriff. Der Fall kann schon gegeben sein durch eine Steuererhöhung, Mindestlohnerhöhung etc.
  • Verstoß gegen ‚faire und gerechte Behandlung’. Hier haben wir erneut einen unbestimmten Rechtsbegriff. Ein solcher Verstoß kann im Verfahren schon gegeben sein, wenn mündlich gegebene Zusagen nicht eingehalten werden, Verfahren sich verzögern, z.B. durch Mitsprache der Bürger etc., gemeinnützige oder staatseigene Anbieter bevorzugt werden, besserer Klimaschutz den Ausschlag für einen anderen Anbieter gegeben hat usw.

3) Klageberechtigte: Nur Investoren sind klageberechtigt, und nur falls sie einen Sitz im Ausland haben. Der Begriff Investor selbst ist sehr breit gefasst, es kann prinzipiell auch schon der Halter von ein paar Aktien oder eine Investmentfirma klagen. In aller Regel geschieht das dann mit Hilfe großer Anwaltskanzleien, spezialisiert auf Wirtschaftsrecht. Ein Kläger kann auch vor einem nationalen Gericht verloren haben und sich dann erst an das Investorschiedsgericht  wenden, oder auch versuchen, damit einer Verurteilung durch ein nationales Gericht z.B. wegen Verstoßes gegen Umweltauflagen entgegenzuwirken.  Regierungen hingegen können dort nicht  gegen Investoren klagen, wenn diese ihren Pflichten nicht nachgekommen sind.

Die Struktur des ICS ist noch nicht fertig entwickelt. Geplant ist, dass die Richter nicht dauerhaft angestellt sind, sondern sie sollen durch den gemischten CETA – Ausschuss für 4 Jahre benannt werden. Sie erhalten eine geringe Pauschalentlohnung und zusätzlich fallbezogene Vergütungen. Weiterhin dürfen sie als Richter trotzdem auch Nebentätigkeiten haben und werden nach ihrer Richtertätigkeit auch wieder an ihre vorherige Stelle zurückkehren.

Grundlage für die Urteilsfindung ist der Handelsvertrag und sind darüber hinaus die von dem Ausschuss festgelegten Regeln. Es handelt sich um einen sogenannten ‚lebenden Vertrag‘, der in dem  sogenannten ‚gemischten‘ Ausschuss nach Ratifizierung weiter entwickelt wird und ohne Mitwirkung und Kontrolle durch die Parlamente dann gegebenenfalls direkt Gesetzeskraft erlangen kann. Dieses Verfahren erlaubte, CETA schon jetzt auf EU – Ebene ohne Investorschiedsgerichte (ICS) zu ratifizieren, auch wenn noch nicht alles endgültig festgelegt ist.

CETA dient als Blaupause für jeden weiteren Handelsvertrag dieser Art, alle weiteren Verträge wurden und werden nach dem gleichen Muster erstellt.  Allerdings sind in CETA, dem ersten von der EU in dieser Serie ratifizierten Vertrag, die Schiedsgerichte noch ausdrücklich enthalten. Deshalb wird der Vertrag als ‚gemischtes‘ Abkommen bezeichnet und jeder EU Mitgliedstaat muss ihn durch sein Parlament gesondert ratifizieren lassen, bevor der Vertrag vollumfänglich in Kraft treten kann. Bislang wurde nur Punkt 1 auf EU – Ebene umgesetzt. Um dieses Problem zu umgehen, wurde seitens der EU – Kommission aus allen nachfolgenden Verträgen (z.B.  JEFTA und Mercosur) der ICS – Teil herausgenommen, um später gesondert nachgereicht zu werden. Damit sind die Verträge nach Lesart der EU-Kommission keine gemischten Verträge mehr und können allein durch EU – Kommission, EU – Parlament und EU-Rat beschlossen werden.

Als Grund, weshalb CETA und andere dieser Handelsverträge gebraucht werden, wird häufig von Politik und Wirtschaft angegeben, dass sie das Wirtschaftswachstum steigern und damit den Wohlstand für alle erhöhen. Es gibt aber keine belastbaren wissenschaftlichen Studien, die das erhärten. Für TTIP wurde seinerzeit von der Kommission eine Studie in Auftrag gegeben, die für das Wirtschaftswachstum aber lediglich kleine Effekte innerhalb der Prognosegenauigkeit ergab. Gleiches wurde ebenfalls für CETA festgestellt, auch zusätzliche Arbeitsplätze  werden nicht erwartet.

Im Folgenden möchte ich begründen, weshalb CETA und Investorschiedsgerichte abgelehnt werden müssen und was die Konsequenzen bei einer Zustimmung wären.

1) Gründe für die Ablehnung:

Gleiches Recht für alle?

Art. 3 des Grundgesetzes wird  verletzt, wenn es ein übergeordnetes Gericht gibt, vor dem einige klagen dürfen, andere aber nicht. So versteht  sich aber der ICS einerseits als dem Grundgesetz übergeordnet, lässt aber nur Klagen von ausländischen Investoren zu.  Außerdem haben Investoren nur Rechte, aber keine Pflichten, etwas, das auch gegen den Geist des Grundgesetzes verstößt. Investitionsstreitigkeiten sind eine Sache nationaler Kompetenz und sollen deshalb einer ordentlichen nationalen Gerichtsbarkeit unterliegen.

CETA – Recht absolut gesetzt über Grundgesetz, EU-Recht und Völkerrecht

Investoren sind in Deutschland vor Enteignung geschützt oder werden nach bestehenden Regeln  entschädigt. Die rechtlichen Grundlagen in Deutschland reichen aus zum Schutz des Eigentums und lassen eine Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse zu. ICS bringt dieses System aus dem Gleichgewicht zugunsten privater Einzelinteressen. Die Verträge erwähnen Umweltschutz, Verbraucherschutz, Arbeitnehmerschutz etc. nur in der Präambel und im Nachhaltigkeitskapitel, aber nicht in dem Teil der einklagbaren Rechte. Im Zweifelsfall wird der ICS dann Umweltschutz, Verbraucherschutz, Arbeitnehmerschutz etc. im Urteil nicht berücksichtigen. Der deutsche Richterbund lehnt den ICS als überflüssig ab zwischen Staaten mit entwickeltem Rechtssystem. Im Übrigen sieht er ihn  in der geplanten Version als nicht vereinbar mit unserer Rechtsordnung. Bekämpfung von Korruption sei immer noch der beste Investorenschutz.

Verpflichtungen aus anderen völkerrechtlich verbindlichen Verträgen wie z.B. dem Klimaschutzvertrag von Paris 2015, UNO-Menschenrechtskonvention oder aber die Normen der ILO (International Labor Organisation), WHO usw. sind weder einklagbar, noch können sie als Grund gegen eine Verurteilung  in einem  Prozess verwendet werden. Das ganze internationale Vertragssystem wird ausgehebelt – mit weitreichenden Konsequenzen für die Lösung globaler Probleme wie Frieden, Klimaschutz  oder auch nur eine Pandemiebekämpfung.

Viel Raum, um Regierungen und kommunale Verwaltungen vor Gericht zu ziehen  

Unklare Definitionen und Zwang zur Harmonisierung schaffen enorme Rechtsunsicherheit: Die einklagbaren Sachbestände  wie auch die Ausnahmen z.B. im Bereich der Daseinsfürsorge sind häufig nicht klar definiert bzw. widersprüchlich. Insbesondere werden nicht Definitionen aus anderen existierenden Verträgen wie z.B. GATS oder dem EU-Recht genommen, sondern neu definiert. Häufig ist schon die Bedeutung im englischen Original nicht entsprechend dem deutschen. Die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe wird dann nicht durch Grundgesetz oder EU – Recht erfolgen, sondern durch das neue Schiedsgericht nach CETA – Regeln. Bei Gerichtsverfahren werden diese Fälle ein hohes Risiko für die beklagten Staaten darstellen. Als Beispiel: Die europäische Regulierung basiert auf dem Vorsorgeprinzip. Dieses passt nicht zu dem kanadischen Ansatz. CETA ermöglicht, Regeln einzuführen, dass das Vorsorgeprinzip zukünftig umgangen werden kann.  In CETA wird das Bekenntnis zum Vorsorgeprinzip aus dem deutschen Grundgesetz oder den europäischen Verträgen nicht einmal erwähnt, sondern nur die juristisch schwache Formulierung aus dem WTO – Vertrag, der grundsätzlich das Gegenteil als Regel beschreibt, nämlich dass eben etwas nicht vorsorglich verboten werden sollte (z.B. wenn es im Verdacht steht, Schaden zu verursachen).

Schwächung der lokalen Demokratie und Daseinsfürsorge

Es gibt keine ausreichende Rechtssicherheit für kommunale Entscheidungen und Daseinsfürsorge, also  Gesundheit, Altersvorsorge,  Bildung, Wasser, Energie, öffentlicher  Verkehr und Straßen, etc.. Ein Beispiel: Der EU Vertrag von 2009 legt ausdrücklich die kommunale Selbstverwaltung als zu achtende, grundlegende Struktur in der Gesellschaft fest. In CETA wird sie hingegen überhaupt nicht erwähnt, aber der gesamte Ansatz forciert Privatisierung und beschneidet die Handlungsfähigkeit der Kommunen zukünftig enorm. Eine Mitsprache von Bürgern oder zivilrechtlichen Organisationen bei Entscheidungen der Kommunen ist definitiv nicht vorgesehen.

Ein absolut unfairer Vertrag für den Staat und die Gesellschaft

Das Parlament und der Bundesrat sollen jetzt eine Unterschrift unter einen halbfertigen Vertrag (‚lebenden‘ Vertrag)  setzen, wobei es keine demokratische Kontrolle über die weiteren Veränderungen mehr gibt. Der Vertrag läuft auf unbestimmte Zeit. Eine Beendigung in der EU ist nur einstimmig möglich oder durch den Austritt des betreffenden Mitgliedstaates aus der EU. Es gibt keine Klausel, die ein Aussetzen des Vertrages bei höherer Gewalt bewirkt. Maßnahmen, die eine Regierung z.B. im Fall einer Pandemie wie Corona ergreift, können vollumfänglich Gegenstand einer Klage der Investoren gegen den Staat sein.

2) Konsequenzen bei Zustimmung zu CETA

Die durch die neuen Handelsverträge eingeführten neuen Komponenten würden die Grundlage und Balance unserer Gesellschaft zerstören. Dann würde die Welt so aussehen:

Investorenschutz über Gemeinwohl

Investorenschutz als privates Einzelinteresse würde flächendeckend über Gemeinwohlinteressen gestellt wie Klimaschutz, öffentliche Daseinsfürsorge, Infrastruktur, Arbeitnehmerschutz, Verbraucherschutz, Kultur. Die Klagemöglichkeiten nutzen nur großen Firmen und Finanzinvestoren. Kleine Firmen haben nicht das Geld (schätzungsweise 8 Mio. €) eine Klage durchzuziehen bzw. riskieren ihre Existenzgrundlage. Als Inländer können sie nur vor die nationalen Gerichte ziehen und nicht von dem privilegierten Schutz der ausländischen Investoren profitieren. Damit wächst der Konzentrationsprozess und kleine regionale Anbieter haben immer weniger Chancen. Bei Klimaschutzmassnahmen wie einer CO2 – Steuer könnte die alte kohlenstoffbasierte Industrie hohe Entschädigungen für ‚entgangene Gewinne’ einfordern, die weit über den faktischen Vermögensverlust hinausgehen können. Die Erhöhung der Entlohnung für Pflegekräfte und Vorschriften zum Personalschlüssel in Klinken und Pflegeeinrichtungen könnten auch ein Grund für Investorklagen werden.

Schaffung unproduktiver Bürokratie

Jedes Handelsabkommen erzeugt ein eigenes Basisabkommen mit eigenen Regeln.  In JEFTA (Japan-EU Free Trade Agreement) ist z.B. der Bereich Wasser ganz anders geregelt als in CETA. Außerdem hat jedes Abkommen auf EU-Ebene  gesonderte regulatorische Ausschüsse, nämlich jeweils den Hauptausschuss (den sogenannten gemischten Ausschuss) und mehrere Unterausschüsse. Für jeden Vertrag  gibt es ein Mandat des Europäischen Rates, das in intransparenter Weise in jedem Ausschuss anders ausgeführt werden kann, und es gibt noch unterschiedliche Vertragspartner wie z.B. Kanada, Japan. Bei der Umsetzung dieser Regeln werden Kommunen erheblichen bürokratischen Mehraufwand leisten müssen.

Manipulationen auf allen Ebenen möglich.

Es fängt an mit der geheim gehaltenen und willkürlichen Besetzung der Ausschüsse, des nicht öffentlich gemachten Mandats durch den europäischen Rat und durch den Zwang, diese Regeln ohne eine demokratische Mitsprache und Kontrolle  am Ende in geltendes Recht bringen zu müssen. Die Rechtsgrundlage kann manipulativ geändert werden. Ganz kritisch zu sehen ist auch die Aufgabe der Ausschüsse, die Richter zu benennen, welche sich vor keinem Parlament mehr verantworten müssen.

Das Schiedsgerichtsverfahren sieht Richter vor, die neben einer geringen Pauschalentlohnung fallweise entlohnt werden. Das könnte einen Anreiz für sie schaffen, möglichst viele Prozesse zu führen. Kritisch ist die Möglichkeit, Nebentätigkeiten nachzugehen. Am Ende werden die meisten wohl an ihre alten Stellen zurückkehren, zum großen Teil in Wirtschaftsanwaltskanzleien.  Dort sind ihre besten Kunden finanzkräftige Firmen oder Investoren. Dies führt zu einem Interessenskonflikt und es besteht die Gefahr, dass der Richterspruch die Kläger bevorteilt. In laufenden Verfahren dieser Art zeigt sich bereits, dass die zugewiesenen Kompensationen sehr hoch sind, viel höher als bei staatlichen Gerichten. Anwaltskanzleien entwickeln bereits ein neues Geschäftsmodell. Wenn sie eine vielversprechende Möglichkeit zu einer Klage sehen, machen sie der Firma einen entsprechenden Vorschlag. Welche Firma kann es dann vor ihren Aktionären verantworten, nicht darauf einzugehen, um eben die Rendite zu erhöhen?

Auch die Finanzmärkte haben dieses Geschäftsmodell  bereits im Griff, indem sie den Unternehmen die Klagen durch Kredite vorfinanzieren und einen hohen Prozentsatz der Entschädigungssumme für sich einbehalten.

Aushebelung der geltenden Regeln zu Umwelt- und Verbraucherschutz

Schon jetzt wird in den CETA –Ausschüssen eine Abkehr von dem in der EU geltenden Vorsorgeprinzip diskutiert, obwohl dieses z.B. im Lissabonner Vertrag für die EU als grundlegend festgelegt wurde. In der Folge werden hier Produkte wie Hormonfleisch oder der genveränderte Riesenlachs ohne Kennzeichnung  vermarktet werden.  Die Möglichkeit, staatliche Stellen mit unkalkulierbaren teuren Gerichtsverfahren überziehen zu können, werden das sog. ‚right to regulate‘ aushebeln und notwendige Aktionen des Staates zugunsten des Gemeinwohls unterbinden. Weder effektiver Klimaschutz noch Pandemiebekämpfung sind unter diesen Umständen möglich.

Erzeugung gewaltiger Kosten für den Steuerzahler

Wenn der Staat zahlen muss, ist immer der Steuerzahler in der Pflicht.

Er zahlt  eine erhebliche Ausweitung in der Bürokratie der EU-Kommission, die vollkommen intransparent agiert. Er zahlt einen Schiedsgerichtshof, wie immer der auch aussehen mag.

Er wird mit teuren Prozessen überzogen werden. Ein guter Wirtschaftsanwalt wird mit größenordnungsmäßig dem zehnfachen Gehalt einer Erzieher*in entlohnt. Die Erfahrung zeigt, dass selbst ein gewonnener Prozess wegen der immensen Gerichtskosten und Anwaltsgebühren den Steuerzahler teuer zu stehen kommt. Und es werden oft Entschädigungen in Milliardenhöhe verlangt, siehe Vattenfall.

Ein Lockdown, wie jetzt bei der Corona-Pandemie benötigt, würde gigantische Schadensersatzforderungen nach sich ziehen und damit die Durchführung wirksamer Maßnahmen gefährden. Schon jetzt prüfen  Konzerne, wie sie Staaten für die Folgen der ergriffenen Maßnahmen verklagen können.  Da keine Klausel in CETA vorliegt, die Staaten in einer solchen Situation Handlungsfreiheit einräumt, geht ein Staat enorme Risiken ein bis hin zum Zusammenbruch der Staatsfinanzen.

CETA steht vielleicht noch diese Legislaturperiode zur Abstimmung in Bundestag und Bundesrat an. Die erste Verhandlung am Bundesverfassungsgericht begann am 13.Oktober 2020, noch weitere vier Klagen sind anhängig. Es ist der Präzedenzfall für die Einführung der neuen Handelsverträge und soll insbesondere den neuen Investorschiedsgerichtshof für Deutschland und am Ende auch für die EU etablieren.

Es ist ein Skandal, wie sehr versucht wird, das Thema CETA aus der öffentlichen Diskussion zu halten, insbesondere durch die großen Medien und die Politik; dahinter stehen mächtige Lobbyaktionen großer Firmen und Finanzinvestoren.

Jede Partei, die behauptet, für Gemeinwohl und Klimaschutz zu stehen, muss CETA und Investorschiedsgerichte ablehnen. Jetzt ist die Zeit zu reden und Erklärungen zu fordern! Nächstes Jahr ist Wahl.

Eine vollständige Fassung dieses Textes mit Referenzen kann bei der Autorin angefordert werden.

Dr. Sibylle Brosius

Mühlweg 48A

67117 Limburgerhof

Herausforderungen für Frieden und Umwelt

Wir veröffentlichen hier die Vorträge vom Online-Kongress „Herausforderungen für Frieden und Umwelt“ der vom 27.-28.11.20 stattgefunden hat.

Weitere Informationen und das Programm finden sie hier.

Hier finden Sie die gesamte Playlist der Vorträge >

Freitag 27.11.20

Verantwortung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für Frieden und Umwelt | Ulrike Beisiegel (ehem. Uni Göttingen)


Aufrüstung und Erderwärmung – die Gefahren des doppelten Selbstmordes | Michael Müller (Naturfreunde)


Herausforderung große Transformation | Ernst Ulrich von Weizsäcker (Club of Rome)


Samstag 28.11.20

Informatik zwischen Cyberpeace und Bits&Bäume | Anne Schnerrer (FIfF), Hans-Jörg Kreowski (FIfF)


Kein Frieden mit der Natur | Ulrike Kronfeld-Goharani (Uni Kiel)


Klimawandel als Kriegsgefahr oder Chance fürKooperation? | Jürgen Scheffran (NatWiss)


Gesprächsrunde: Wissenschaft zwischen Krieg und Frieden | Jürgen Altmann (TU Dortmund), Sibylle Brosius (NatWiss), Wolfgang Neef (TU Berlin), Karl-Heinz Peil (Friedens- und Zukunftswerkstatt), Moderation: Lucas Wirl (IALANA)


Schlussplenum: Ohne Friedensbewegung keinen Frieden – mehr Aktionen und Vernetzung als Voraussetzung für globalen Frieden | Reiner Braun (IPB, NatWiss), Martina Fischer (Brot für die Welt), Barbara Heller (Bremer Friedensforum), Kathrin Vogler (MdB DIE LINKE), Moderation: Malte Albrecht (NatWiss)

Drohnenkriege – Kriege der Zukunft?

Werden die Kriege der Zukunft vor allem aus der Luft geführt und welche Rolle spielt da überhaupt noch das Völkerrecht? Pascal Luig (Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“, Geschäftsführer NatWiss) greift in seinem Vortrag diese Frage auf und warnt zugleich vor einem technischen Wettrüsten, wer über die automatischere Waffe verfügt. Diesem Wettlauf ums Töten wird sich auch die Bundeswehr nicht entziehen können.

Kongress: Herausforderungen für Frieden und Umwelt

Am 27. Und 28. November 2020 veranstaltet NatWiss zusammen mit dem Bremer Friedensforum und FIfF den Online-Kongress „Herausforderungen für Frieden und Umwelt“.

Der NatWiss Kongress 2020 findet online via Zoom statt. Für die Teilnahme müssen Sie sich registrieren. Die Teilnahme ist kostenlos. Nach der Registrierung erhalten Sie eine Bestätigung und einen Zugangslink für die Teilnahme.

Registrierung für Freitag, den 27.11.20: https://us02web.zoom.us/webinar/register/WN_Y6iUl6JJRCSOZLYCIz6zSw

Registrierung für Samstag, den 28.11.20: https://us02web.zoom.us/webinar/register/WN_ln9sUnpNRXOw7D79lVJ4AA

Einführung:

Die Konferenz thematisiert die doppelte Bedrohung durch Aufrüstung und Umweltzerstörung für  globale Friedenssicherung und internationale Stabilität. Gewaltkonflikte und Wettrüsten sind neu entbrannt, zwischen den Großmächten und in Krisenherden weltweit. Dies opfert Gesundheit, Umwelt und Entwicklung, und steht einer Lösung globaler Probleme im Wege.

US-Präsident Trump forciert die Rüstungsausgaben, kündigt Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge oder stellt sie in Frage (INF, Iran-Atomabkommen, Open Skies, Teststoppvertrag) und strebt neue Atomwaffen an, die ein nukleares Wettrüsten mit Russland, China und anderen Atommächten provozieren. Obwohl weltweit jährlich mehr als 1,8 Billionen US-Dollar für Rüstung ausgegeben werden, verfolgt die NATO das Ziel, die Rüstungsbudgets auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, um kostspielige Waffensysteme und Militärinterventionen zu finanzieren. Entsprechend steigert auch die deutsche Bundesregierung fortwährend ihre Militärausgaben, um neue Kampfflugzeuge und weitere Rüstungsprojekte im europäischen Kontext zu beschaffen, bis hin zu einer Neubestimmung der nuklearen Teilhabe.

Mit nuklearen Abschreckungsstrategien und Tausenden von einsatzfähigen Atomwaffen bleiben die Risiken eines Nuklearkrieges hoch. Ein nuklearer Winter ist eine existentielle Bedrohung für das Leben auf der Erde. Zugleich sind klimabedingte Risiken und Wetterextreme eine Gefahr für Frieden und Sicherheit. Militärische und nukleare Anlagen können schädliche Stoffe und Radioaktivität freisetzen; Aufrüstung, Militär und Krieg haben einen großen ökologischen Fußabdruck, belasten das Klima und verbrauchen enorme Ressourcen. Würden diese in die Bewältigung globaler Probleme investiert, könnten Krisen und Katastrophen vermieden werden, von der Corona-Pandemie bis zur Klimakrise.

Neben der Problemanalyse werden Vorschläge der Umwelt- und Friedenswissenschaft zur Risiko- und Krisenvermeidung diskutiert, durch Abrüstung und Konversion, Resilienz und Ressourceneffizienz, Emissionssenkung und erneuerbare Energien. Erforderlich ist eine Verknüpfung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung, durch Denuklearisierung, Demilitarisierung und Dekarbonisierung, gestärkt durch internationale Abkommen wie das Atomwaffenverbot und den Pariser Klimavertrag. Dabei spielt die Ambivalenz von Wissenschaft und Technik in der Waffenentwicklung ebenso eine Rolle wie ihre zivile Verantwortung für soziale und technische Innovationen zur Problemlösung. Ein Fokus der Tagung ist die Zusammenarbeit und Vernetzung von Umwelt- und Friedensbewegung, um gesellschaftliche Transformationsprozesse anzustoßen und auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen.

Programm, Freitag 27.11.

19.30 Begrüßung und Moderation
Ekkehard Lentz (Bremer Friedensforum), Malte Albrecht (NatWiss)

19.45 Verantwortung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für Frieden und Umwelt
Ulrike Beisiegel (ehem. Uni Göttingen)

20.15 Aufrüstung und Erderwärmung – die Gefahren des doppelten Selbstmordes
Michael Müller (Naturfreunde)

20.45 Herausforderung große Transformation
Ernst Ulrich von Weizsäcker (Club of Rome)

Programm, Samstag 28.11.

10.00 Begrüßung
Malte Albrecht (NatWiss)

10.10 Informatik zwischen Cyberpeace und Bits&Bäume
Anne Schnerrer (FIfF), Hans-Jörg Kreowski (FIfF)

10.40 Kein Frieden mit der Natur
Ulrike Kronfeld-Goharani (Uni Kiel)

11.10 Klimawandel als Kriegsgefahr oder Chance fürKooperation?
Jürgen Scheffran (NatWiss)

11.40 Abrüstung und Konversion – Alternative zu Aufrüstung und Militarismus
Charly Braun (DGB)

12.10 Pause

12.30 Gesprächsrunde: Wissenschaft zwischen Krieg und Frieden
Jürgen Altmann (TU Dortmund), Sibylle Brosius (NatWiss), Wolfgang Neef (TU Berlin), Karl-Heinz Peil (Friedens- und Zukunftswerkstatt), Moderation: Lucas Wirl (IALANA)

13.30 Schlussplenum: Ohne Friedensbewegung keinen Frieden – mehr Aktionen und Vernetzung als Voraussetzung für globalen Frieden
Reiner Braun (IPB, NatWiss), Martina Fischer (Brot für die Welt), Barbara Heller (Bremer Friedensforum), Kathrin Vogler (MdB DIE LINKE), Moderation: Malte Albrecht (NatWiss)

15.00 Schluss

Download Programm >

Projekt Friedenspfahl

NatWiss unterstützt den Friedenspfahl der Friedensglockengesellschaft Berlin e.V.

MÖGE FRIEDEN AUF ERDEN SEIN!

Der Japaner Masahisa Goi hatte im Jahre 1955 die Idee der Friedenspfähle und gründete zur Verbreitung dieser Friedenssymbolik, den May Peace Prevail On Eath International e.V., eine Nichtregierungsorganisation der UNO.

Zusammen mit mehreren Friedensorganisationen hat sich NatWiss an der Aufstellung eines Friedenspfahles in Berlin beteiligt.

Es soll dazu anregen, über die Notwendigkeit von Kriegsmanövern, der Erhöhung von Rüstungsbudgets und Sinnhaftigkeit von militärischen Auslandseinsätzen nachzudenken. Es soll unserer Forderung nach Frieden und Völkerverständigung Nachdruck verleihen.

Es soll daran erinnert werden das im Artikel 26 des Grundgesetzes und im Zwei-Plus-Vier Vertrag im Artikel 2 verankert ist  „…, dass von deutschen Boden nur noch Frieden ausgehen wird…“.

Der Friedenspfahl trägt die Aufschrift „MÖGE FRIEDE AUF ERDEN SEIN“ und steht neben der Weltfriedensglocke im Volkspark Friedrichshain. Daneben wurde eine Info-Tafel errichtet.

Mehr Infos auf der Webseite der Friedensglockengesellschaft Berlin e.V. >