Kriegstüchtig? Friedensfähig! Wissenschaft für eine zivile Zeitenwende jetzt!

Abschlusserklärung des bundesweiten Zivilklausel-Kongresses

Vereint in der Überzeugung, dass eine Welt ohne die Logik der Gewalt möglich und nötig ist; entschlossen für eine international kooperative Entwicklung der Menschheit einzutreten, stellen wir uns, als Forschende, Lehrende und Lernende in den Hochschulen der gegenwärtigen Militarisierung der Gesellschaft und der Öffnung der Hochschulen für das Militärische entschieden entgegen.

Auf Basis der Niederringung des Faschismus und im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen bilden das Friedensgebot des Grundgesetzes und die Unantastbarkeit der Würde des Menschen den zukunftsweisenden Horizont für die Verwirklichung einer dem Menschen zugewandten weltweiten Entwicklung. Dieser fortwährende Anspruch ist auch 75 Jahre nach Verabschiedung des Grundgesetzes hoch aktuell. In diesem Geiste sind über viele Jahrzehnte Zivilklauseln an über 70 Hochschulen erkämpft worden. Sie sind Selbstverpflichtungen der Hochschulen, zu einer friedlichen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen und für zivile Zwecke zu lehren, zu lernen und zu forschen.

Mit der militärischen „Zeitenwende“ in Hochschule und Gesellschaft, der postulierten Alternativlosigkeit der Gewalt und der aggressiven Rhetorik zur Kriegsertüchtigung werden die Lehren aus der deutschen Geschichte und das Vermächtnis aus „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ ins Gegenteil verkehrt, die Gesellschaft verroht und extrem rechten Gesellschaftsentwürfen und Menschenbildern abermals Tür und Tor geöffnet.

Wir weisen die gegenwärtigen drastischen Versuche von Rüstungskonzernen und ihren politischen Wortführern in Bund und Ländern entschieden zurück, die öffentlichen Hochschulen für militärische Zwecke zu öffnen und die Zivilklauseln zu unterminieren, um Wissenschaft in den Dienst von Sicherheits- und  Geopolitik zu stellen. Wir wollen zivil für die kooperative Gestaltung einer friedlichen Welt arbeiten, lernen und forschen! So wie es die Vereinten Nationen im kollektiven Beschluss zur Verwirklichung menschenwürdiger Lebensverhältnisse weltweit in 17 Nachhaltigkeitszielen bereits gefasst haben!

Internationale Kooperationen und Wissenschaftsdiplomatie ausbauen!

Wir fordern eine Abkehr von Abschottungs- und Blockbildungspolitik auch in der Wissenschaft. Die Lösungen der gegenwärtigen globalen Krisen sind unmittelbare und existentielle Menschheitsfragen und können nur international und kooperativ produktiv beantwortet werden. Internationale Wissenschaftskooperationen waren über Jahrzehnte ebnend für Zivilisierung, Abrüstungsverträge und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, Erkenntnissen und Technologien. Sie sind wirksamer Teil von Völkerverständigung und zur Lösung der Probleme im Interesse der großen Mehrheit in allen Ländern. Diese Potentiale müssen gegenwärtig mehr denn je neu ausgebaut werden, unter anderem:

  • Die Zivilklauseln sind auszubauen, sie bilden verallgemeinerungswürdige Kriterien für internationale Kooperationen nicht nur mit China, sondern ebenso mit der Türkei, mit dem Iran, Israel, Frankreich oder den USA. Mit allen Kooperationspartnern ist rein zivil zu wirken und auf eine Welt des Friedens zu orientieren.
  • Für den Abbau von Feindbildern und die Arbeit am Stopp des Klimawandels sind die Wissenschaftskooperationen mit Russland wieder aufzunehmen.
  • Die vollständige Zerstörung der Hochschulen in Gaza erfordert einen intensivierten Einsatz der Wissenschaftsgemeinschaft für Frieden und einen umgehenden Wiederaufbau. Wissenschaftliche Kooperationen sowohl mit Hochschulen in Israel wie auch in Gaza und in der Westbank müssen gefördert werden und einen Beitrag zur Völkerverständigung leisten.

Wissenschaft von allen für alle: Soziale und demokratische Öffnung der Hochschulen!

Die Hochschulen werden seit Jahrzehnten unterfinanziert, in Wettbewerbsmechanismen gedrängt und entdemokratisiert. Die Wissenschaft muss von den Logiken des Marktes befreit werden, damit Forschende, Lehrende wie Lernende zu einer humanen, friedlichen und demokratischen Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der internationalen Beziehungen beitragen können.

Eine solche positive Freiheit der Wissenschaft hat materielle Voraussetzungen: Hochschulen müssen bedarfsgerecht öffentlich grundfinanziert und Wettbewerbsmechanismen wie die Exzellenzinitiative zurückgedrängt werden. Damit die Hochschulen zur Bildung mündiger, humanistisch eingreifender Menschen beitragen, müssen Arbeitsverhältnisse entprekarisiert, Studierende sozial abgesichert und Studiengänge vom Prüfungsmarathon befreit werden. Die Entscheidungen in den Hochschulen müssen in demokratischen Gremien gefällt werden. Nur demokratisch und sozial verfasst können Universitäten ein gesellschaftlich verantwortliches Handeln ihrer Mitglieder und die kritische Reflexion der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen der Zeit fördern.

Wir nehmen die Geschichte selber in die Hand!

Wir stehen jeder Zerstörung gesellschaftlicher Entwicklungsperspektiven entgegen. Wir haben besseres vor: In unserem Interesse ist jene Wissenschaft, mit der wir für internationale Abrüstung, Verständigung und Kooperation, sowie für die soziale und ökologische Erneuerung des Zusammenlebens als notwendige Voraussetzungen für eine lebenswerte Zukunft aller Menschen eintreten.

Wenn sich dagegen aktuell z.B. die bayrische Landesregierung anschickt, das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit verfassungswidrig abzuschaffen, indem sie ein Verbot von Zivilklauseln plant und Hochschulen und Schulen dazu verpflichten möchte, mit der Bundeswehr zu kooperieren, sagen wir:
Nicht mit uns!

Das Lernen und Forschen für eine menschenwürdige Entwicklung erfordert erst recht: Zivilklauseln überall!

Dafür wirken wir und fordern alle auf, mitzutun!

Am 13. und 14. Mai 2024 werden in Fulda Vertreter aus über 270 Hochschulleitungen zur Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zusammenkommen. Dort wollen wir für eine Kehrtwende in der Hochschulpolitik eingreifen – schließ Dich an!

Rüstungsatlas Hessen

In Artikel 69 der Hessischen Verfassung heißt es unmissverständlich:
„Hessen bekennt sich zu Frieden, Freiheit und Völkerverständigung.
Der Krieg ist geächtet. Jede Handlung, die mit der Absicht
vorgenommen wird, einen Krieg vorzubereiten, ist verfassungswidrig.“

Die Realität in Hessen sieht anders aus. Hier ansässige Rüstungskonzerne
schmieden Waffen, die in Kriegs- und Krisengebieten
zum Einsatz kommen, Auslandseinsätze der Bundeswehr
werden vorbereitet und an Hochschulen militärische Forschungen
betrieben.

Wissenschaft für Nachhaltigkeit, Frieden und Demokratie – Die Zivilklausel in NRW erhalten!

NatWiss unterstützt die Petition „Wissenschaft für Nachhaltigkeit, Frieden und Demokratie – Die Zivilklausel in NRW erhalten!“ und bittet um Zeichnung.

Hier können Sie die Petition unterzeichnen >

 

Wissenschaft für Nachhaltigkeit, Frieden und Demokratie –
Zivilklausel im NRW-Hochschulgesetz erhalten!

Wie gelingt es, dass kein Mensch mehr an Hunger sterben muss und Solidarität und demokratische Teilhabe gesellschaftlich umfassend verwirklicht werden? Was sind Ursachen für Krieg und Gewalt und was Voraussetzungen für ein gleichberechtigtes, friedliches Zusammenleben? Wie kann die globale Aufrüstung gestoppt, wie zivile Konfliktlösung und das Völkerrecht gestärkt werden? Welche ökonomischen Interessen stehen einer nachhaltigen Entwicklung entgegen, wie können natürliche Ressourcen geschont und produktiv gemacht statt verschwendet werden? Die gesellschaftliche Beantwortung dieser Fragen duldet keinen Aufschub, die Wissenschaft spielt hierfür eine zentrale Rolle.

In diesem Sinne wurde auf Grund des jahrelangen Engagements von kritischen Hochschulmitgliedern 2014 eine sogenannte „Zivilklausel“ ins NRW-Hochschulgesetz aufgenommen:

„Die Hochschulen entwickeln ihren Beitrag zu einer nachhaltigen, friedlichen und demokratischen Welt. Sie sind friedlichen Zielen verpflichtet und kommen ihrer besonderen Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung nach innen und außen nach. Das Nähere zur Umsetzung dieses Auftrags regelt die Grundordnung.“

Eine gesetzliche Zivilklausel bedeutet eine Bekräftigung der Hochschulen und ihrer Mitglieder, die Wissenschaft am Allgemeinwohl auszurichten. Sie bringt zudem den Gesetzgeber in die Verantwortung, zur Verwirklichung dieses Auftrags entsprechende Studien- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Die Streichung der Zivilklausel aus dem NRW-Hochschulgesetz, wie sie die aktuelle Landesregierung beabsichtigt, wäre geschichtsvergessen und ein Schritt in die falsche Richtung.

Die Zivilklausel muss erhalten bleiben! Dafür treten wir ein.

 

Hier können Sie die Petition unterzeichnen >

 

Das neue Hochschulgesetz soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden!

Weitere Informationen:

• Eine Broschüre mit Statements von Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft für den Erhalt der Zivilklausel finden Sie unter:
www.zivilklausel.de/broschuere

Einladung zur Arbeitstagung: Zivilklausel – wo stehen wir, wohin wollen wir?

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und NaturwissenschaftlerInnen-Initiative (NatWiss) laden ein zur Arbeitstagung

Zivilklausel – wo stehen wir, wohin wollen wir?
Überlegungen für die Zukunft der Bewegung für eine umfassende Zivilklausel

Zivilklauseln an Hochschulen und Universitäten sind seit ihrer Wiederbelebung 2009 eine Erfolgsgeschichte. So konnten an 36 Orten neue Zivilklauseln durchgesetzt werden und es entstand ein bundesweites Netzwerk für Zivilklauseln. Allerdings gibt es nach wie vor starke Widerstände gegen Zivilklauseln und nicht nur in Bremen wird gegen sie verstoßen.

Erschreckend ist die deutliche Zunahme der Militarisierung an den Hochschulen, nicht nur durch die Intensivierung der Rüstungsforschung. Doch kleine Initiativen wehren sich dagegen an den Hochschulen und sorgen dafür, dass die Friedensbewegung an den Hochschulen präsent bleibt.

Wir wollen mit der Tagung Bilanz zielen und überlegen, wie wir den Widerstand ausweiten, den Protest intensivieren und neue Erfolge erringen können. Wir wollen beraten, wie wir bisher Erreichtes verteidigen und Verstöße abwehren können. Wir wollen öffentliche Forschung und Lehre dauerhaft auf ausschließlich friedliche und zivile Zwecke beschränken. Wir wollen weitere Zivilklauseln in Landeshochschulgesetzen, Verfassungen bzw. Grundordnungen der Universitäten und Hochschulen verankern.

Unsere Arbeitstagung richtet sich zuerst an die Aktiven an den Hochschulen, die sich schon für die Zivilklausel engagieren, aber auch an alle, die neu hinzukommen wollen. Sie wendet sich aber auch an die Friedensbewegung, ohne die der friedenspolitische Erfolg der Zivilklausel nicht verstetigt werden kann.

An vielen Hochschulen und Universitäten engagieren sich die Beschäftigten in Forschung, Lehre, Bibliotheken, Laboren und Verwaltung für die friedliche Ausrichtung ihrer Arbeit. Deshalb sind die Gewerkschaften für die Zivilklausel-Bewegung zum wichtigen Partner geworden. Sie beteiligen sich auch aktiv an dieser Tagung. Studierende, Wissenschaftler*innen und Beschäftigte mit ihren Gewerkschaften wollen sich austauschen und gemeinsam neue Ideen und Impulse für Zivilklauseln finden.

Wann und wo?

Samstag, den 18.05.2019
von 11 bis 18 Uhr
Räumlichkeiten des GEW Hauptvorstands
Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt a.M.

***Wir bitten um Anmeldung unter info@natwiss.de***

 

Programm:

11.00 Uhr                            Begrüßung durch die Vorsitzende der GEW Marlis Tepe

11.15 Uhr                            Impulsreferate:

Lucas Wirl (IALANA)
Wo stehen wir mit der Zivilklausel-Bewegung?

Dietrich Schulze (NatWiss)
Entwicklung der Bewegung seit 2009 – einige Lehren

Marlis Tepe (GEW)
Gewerkschaften und Zivilklausel

Swetlana Paul (AStA Leipzig)
Zivilklausel am Beispiel der Universität Leipzig

12.00 Uhr                            Diskussion

13.30 Uhr                            kleiner Lunch

14.30 Uhr                            AGs – Erfahrungsaustausch und Konsequenzen

15.30 Uhr                            Kaffeepause

15.45 Uhr                            Berichte aus den AGs

16.00 Uhr                            Gedanken zur Weiterführung: Reiner Braun (NatWiss), Uwe Wötzel (ver.di)

16.20 Uhr                            Diskussion und Vereinbarungen

17.45 Uhr                            Zusammenfassung und Ausblick: Reiner Braun

Programm als PDF herunterladen >

Stimmen für den Erhalt der Zivilklausel im NRW-Hochschulgesetz: Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker

Was wären die Universitäten wert, wenn sie sich nicht mit den großen Fragen unserer Zeit befassen würden, wie Klimawandel, Voraussetzungen für Frieden, Verringerung der sozialen Schere und Stärkung demokratischer Verhältnisse? Gesellschaftliches Engagement hat bewirkt, dass die atomaren Aufrüstungspläne der Adenauer Regierung von 1957 nicht verwirklicht wurden. Von großer Bedeutung war dabei die „Göttinger Erklärung“, in der 18 Wissenschaftler wie Otto Hahn, einer der „Väter der Atombombe“, die Verharmlosung von Atomwaffen zurückwiesen, den Verzicht auf atomare Bewaffnung forderten und jede Mitarbeit daran ablehnten. Heute müssen wir unbedingt Frieden und Nachhaltigkeit zusammendenken: Die Zerstörung von Lebensräumen ist eine wichtige Ursache für Krieg und Vertreibung und umgekehrt bedeuten Krieg und Gewalt massive Umweltzerstörung und machen eine nachhaltige Entwicklung für Jahre unmöglich. Wenn wir so weitermachen wie bisher, brauchen wir fünf Planeten, wir haben aber nur einen. Eine prosperierende Zukunft für alle Menschen ist nur möglich, wenn der Wohlstand massiv vom Naturverbrauch abgekoppelt wird. Weil die Hochschulen für die notwendige Verfünffachung der Ressourcenproduktivität unverzichtbar sind, ist die Zivilklausel wichtig. Die Hochschulen müssen mehr an Frieden, Demokratie und Nachhaltigkeit arbeiten – nicht weniger! Dafür ist auch ihre Grundfinanzierung auszubauen: Nicht Drittmittel sollten Maßstab des Erfolges sein, sondern Humanität und Aufklärung.

Aus der Broschüre „Wissenschaft für Nachhaltigkeit, Frieden und Demokratie. Stimmen für den Erhalt der Zivilklausel im NRW-Hochschulgesetz“

ND: Kriegsforschung, zivil getarnt

Militär und Rüstungsindustrie bekommen einen immer größer werdenden Einfluss auf die Wissenschaft.

Bereits 2010 begann eine Diskussion über Geheimhaltung bei Militärforschung. In der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur »Rolle der Hochschulen in der staatlich geförderten Rüstungs- und militärrelevanten Sicherheitsforschung« waren zum ersten Mal Geheimhaltungsvermerke aufgetaucht: Das Verteidigungsministerium hatte die Antworten aus Sicherheitsgründen als »VS – Nur für den Dienstgebrauch« eingestuft. Dabei ging es um Forschungsthemen, Drittmittel und die Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung. […]

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