Wir sind PhysikerInnen, MitarbeiterInnen in
nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen. Wir sind stolz auf
unsere internationalen Kontakte und Kooperationen und wir sind stolz darauf,
die wissenschaftliche Zusammenarbeit auf der ganzen Welt als Initiative zum
Frieden zu fördern.
Wir verurteilen den Krieg gegen die Ukraine auf das Schärfste und fordern,
dass dieser Krieg sofort beendet wird. Wir sind angewidert von Kriegsverbrechen
und fordern einen sofortigen Waffenstillstand. Wir sind schockiert über
Gedankenspiele eines Dritten Weltkriegs, und wir verurteilen alle nuklearen
Bedrohungen nachdrücklich.
Diese
Eskalationsspirale muss jetzt gestoppt werden!
Die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit
russischen und belorussischen Institutionen wurde in vielen westlichen Ländern ausgesetzt. Dazu gehört der
Ausschluss von WissenschaftlerInnen mit russischer
und belorussischer Zugehörigkeit von Experimenten, die über Jahrzehnte zusammen
aufgebaut wurden, und aus anderen gemeinsamen wissenschaftlichen Projekten
sowie die Aussetzung gemeinsamer
Publikationen. Offene internationale Konferenzen und Workshops können nicht mehr zusammen
durchgeführt werden. Diese Beschränkungen werden
gemeinnützigen, nichtmilitärischen und
non-dual-use Bereichen auferlegt,
die in der Vergangenheit als
Brücken zwischen Nationen errichtet wurden. Die Beschränkungen betreffen die friedliche
Forschung im Allgemeinen und werden Menschen auferlegt, die nicht für diesen
Krieg verantwortlich sind, was außerdem auch gegen die gute wissenschaftliche
und moralische Praxis verstößt.
Die Sanktionen, die gegen WissenschaftlerInnen verhängt werden, sind
kontraproduktiv, sie üben keinen Druck auf die russische Regierung aus, sondern
machen die Kommunikation zwischen WissenschaftlerInnen schwierig und in einigen
Fällen unmöglich. Sie betreffen oft KollegInnen, die unsere Verurteilung des
Krieges teilen und ihr eigenes Wohlergehen gefährdet haben, indem sie ihre
Meinung öffentlich
geäußert haben. Diese Sanktionen werden nicht dazu beitragen, einen Waffenstillstand zu erreichen
oder den Konflikt zu lösen. Im Gegenteil, diese Maßnahmen werden russische und
belorussische WissenschaftlerInnen isolieren und von internationalen
Diskussionen, in der Wissenschaft und anderswo entkoppeln.
Unsere wissenschaftliche Forschung konzentriert
sich auf grundlegende Fragen von allgemeinem Interesse. Die wissenschaftliche
Zusammenarbeit sollte über politische Grenzen hinweg offen bleiben und nicht politischen Zielen
untergeordnet werden.
Wir fordern die Direktorien von Forschungseinrichtungen, RektorInnen von
Universitäten, wissenschaftlichen Akademien, LeiterInnen experimenteller
Kooperationen, OrganisatorInnen wissenschaftlicher Treffen und Mitglieder wissenschaftlicher Ausschüsse
auf:
Die
Sanktionen gegen WissenschaftlerInnen aufzuheben, da die Wissenschaft
unabhängig von politischen Interessen sein muss und solche Sanktionen den
Kommunikationskanälen schaden, die dazu beitragen können, eine friedliche Welt zu erreichen;
Weiterhin
nichtmilitärische und friedliche wissenschaftliche Projekte zu fördern, die den
ethischen Grundsätzen der Wissenschaft entsprechen und der guten
wissenschaftlichen Praxis folgen;
Weiterhin
gemeinsame wissenschaftliche Veröffentlichungen und die Teilnahme an offenen Konferenzen zu ermöglichen;
Aufrechterhaltung der wissenschaftlichen
Zusammenarbeit, um
die Entstehung von zusätzlichen Spannungsquellen zu vermeiden, die
den Konflikt eskalieren, und ihn auf die wissenschaftlichen
und persönlichen Beziehungen innerhalb der Physikgemeinschaft auszudehnen.
Wir wissen um die Komplexität der Situation und
den Druck, der auf die wissenschaftlichen Institutionen wirkt, aber wir
glauben, dass durch die Umsetzung der oben genannten Punkte angemessene,
ausgewogene und vernünftige Ansätze verfolgt werden können, wie sich in der von
vielen Organisationen angenommenen Politik widerspiegelt.
Die Klimakrise ist und
wird ein zukünftiger Konflikttreiber sein; die Gefahren, die von ihr ausgehen,
sind außerordentlich. Bei den Debatten um Anpassung, Technologietransfer und
Treibhausgasreduktionen wird jedoch überraschenderweise immer wieder die
Atomenergie als mögliche (temporäre) Lösung genannt. Der Beitrag thematisiert
die damit einhergehenden Fehlschlüsse und regt dazu an, grundlegender zu denken
– gerade auch angesichts des Ukrainekrieges.
Ein Sommer von außerordentlicher Hitze, bisher unbekannter
Dürre und europaweiter Waldbrände steckt uns noch in den Knochen. Waren das
weitere Boten des Klimawandels infolge der Erwärmung der Erdatmosphäre? Was
werden wir erst sagen, wenn wir in Brandenburg kein Getreide mehr anbauen
können oder der Rhein nicht mehr schiffbar ist? Sind das die prophezeiten
Kipppunkte, nach denen nichts mehr so sein wird wie früher?
UmweltexpertInnen sind nicht überrascht, sie haben es
erwartet. Klar ist ihnen auch, dass die notwendige Dekarbonisierung unseres
gesellschaftlichen Lebens so schnell wie eben möglich in Angriff genommen
werden muss. Denkfabriken haben die Marschrouten bis hin zu den zu erwartenden
Kosten festgelegt. Der Nobelpreisträger für Ökonomie, Joseph Stiglitz,
verkündete gar: „Der Klimawandel ist unser Dritter Weltkrieg“ (Stiglitz
2019). So war die Hoffnung groß, dass nach 16 Jahren umweltpolitischer
Versäumnisse die neue rot-gelb-grüne Regierung die heißen Eisen der
Umweltpolitik endlich anpacken würde – und sie hat es im Koalitionsvertrag
versprochen.
CO2-Reduktion
im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt steht die Menge an Kohlendioxid (CO2),
dem wichtigsten Treibhausgas, die noch emittiert werden darf. Das seit ca. 250
Jahren[i] durch
verstärkte Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas entstandene CO2
sammelt sich in der Atmosphäre an, was den Temperaturanstieg auf der Erde
verursacht. Es gibt deshalb nur einen Ausweg, der globalen Überhitzung zu
entkommen: Wir müssen die Verbrennung fossiler Energieträger praktisch auf Null
zurückfahren. Es wird uns im Wesentlichen nur die Energie der
Sonneneinstrahlung (und ihrer sekundären Effekte) bleiben[ii], so wie
vor dem Einsatz der Dampfmaschine.
Um den Temperaturanstieg auf noch verträgliche 1,5 bis 2
Grad zu begrenzen, hat der Weltklimarat die für Emissionen noch zur Verfügung
stehende Menge an CO2 global ermittelt. Für Deutschland gibt es dazu
seitens des Sachverständigenrates für Umweltfragen mehrere Stellungnahmen in
den letzten Jahren und auch das Bundesverfassungsgericht zog das CO2-Budget
als Maßstab für die Bewertung der Klimapolitik des Bundes heran. Danach bleiben
uns noch ca. zwei Milliarden Tonnen CO2, die bis 2027 ausgestoßen
werden dürfen. Anders formuliert: Von einem derzeitigen jährlichen
Pro-Kopf-Verbrauch von ca. zehn Tonnen CO2 müssen wir auf unter eine
Tonne kommen und das bis 2027. Dieses Datum ist verdammt nah und erlaubt keinen
Umweg, keine »Übergangstechnologien« und insbesondere kein Weiter-so. Ohne
Zweifel eine Herkulesaufgabe!
Veränderte Situation,
falsche Reaktionen
Der Ukrainekrieg stellt alle diese Vorhaben und Vorsätze auf
den Kopf. Wenn man vor Putins Angriff von einer Notstandssituation sprach,
dachte man an den Klimanotstand – eine beträchtliche Zahl von Kommunen riefen
ihn übrigens sogar formell aus. Jetzt erfährt dieser Begriff eine völlige
Umdeutung: alles dreht sich um die Verteidigung des Status Quo. Trotz drohender
Kipppunkte im Erdsystem, trotz Hitze und Dürre wird damit die Abkehr vom bisherigen
Wohlstandsmodell und insbesondere von fossilen Energien vertagt. Statt
Alternativen voranzubringen wird auf wiederhergestellte Importe über die
Pipeline » Nord Stream 1« gehofft, werden Terminals für Flüssiggas ausgebaut
und Kohlekraftwerke wieder hochgefahren. Auch ohne den Krieg wäre die
Dringlichkeit der Transformation nicht kleiner gewesen und ihre Umsetzung würde
der Ukraine sogar eher (unmilitärisch) helfen.
Von der in Deutschland insgesamt aus der Gasverbrennung
bereitgestellten Energie geht etwa ein Drittel in die Industrie. Aber es kann
doch kein Staatsziel sein, die
industriellen Hauptabnehmer von Gas, die Chemie-, die Papier- und die
Glasbranche, in ihrer derzeitigen Form unbesehen zu erhalten. Denn wenn mit
Hilfe von Gas zu einem großen Teil ökologisch schädliche oder verzichtbare
Produkte hergestellt werden, dann muss eine Produktionsumstellung oder gar ein
Rückbau dieser Bereiche vorgenommen werden (Meier und Hofmann 2022).
Der größte industrielle Gasverbraucher ist die Chemische
Industrie. Ein Teil des Gases wird zur Herstellung von Stickstoffdünger
genutzt. Aber war nicht geplant, das Ausbringen von Dünger deutlich zu
reduzieren? Von den neun wissenschaftlich etablierten »planetarischen Grenzen«
– u.a. Temperatur der Erdoberfläche, Frischwasserversorgung, Ozongehalt der
Atmosphäre – überschreiten der jetzt schon eingebrachte Phosphor und Stickstoff
die entsprechende Grenze deutlich (siehe Abbildung).
Ein weiterer Teil des Gases wird für die
Kunststoffproduktion eingesetzt. Doch brauchen wir die bisherigen Mengen? Die
toten Zonen in den Ozeanen werden immer größer, Mikroplastik ist überall. Dabei
wäre es beispielsweise ein Leichtes, recyclebare Verpackungen per Gesetz
einzuführen.
Entsprechendes gilt für die Glasindustrie. Ein Großteil der
Produktion besteht aus Getränkeflaschen und Gläsern für Nahrungsmittel. Eine
konsequente Pfandpflicht würde schnell den Gasverbrauch reduzieren.
Noch grundsätzlicher: Wenn unsere Autos, Kühlschränke,
Wachmaschinen und Handys langlebiger wären, dann könnte ihre Produktion
entsprechend zurückgefahren werden. Hinzukommen könnten kurzfristig umsetzbare
Maßnahmen wie eine Beschränkung der Ladenöffnungszeiten, ein begrenzter
Gebrauch von Klimaanlagen, Reduzierung der städtischen Beleuchtung usw. – und
ein Tempolimit. Allen an der politischen Umsetzung Beteiligten war ohnehin
klar, dass der ökologische Umbau strukturelle wie persönliche Kosten
verursachen wird, also Sparen angesagt ist.
CO2-Reduktion
durch Atomkraft?
Doch jetzt gerät stattdessen sogar der Atomausstieg ins
Wanken. Einige sprechen von Streckbetrieb, andere von einer mehrjährigen
Laufzeitverlängerung der noch nicht abgeschalteten AKW. Verwegene fordern gar
AKW-Neubauten. Solche Forderungen kommen vor allem von denjenigen, die den
Ausstiegsbeschluss im Grunde nie wirklich akzeptiert hatten, die den Ausbau der
Erneuerbaren Energieträger am wenigsten forciert haben und die jetzt angesichts
der Gaskrise die Chance einer »Renaissance der Kernenergienutzung« wittern. Ob
die unter Wirtschaftsminister Habeck geplante Streckung des Betriebs zweier AKW
das letzte Wort in Sachen Atomenergie ist, bleibt daher fraglich.
Lassen wir im Lichte dieser Debatte die Probleme bzw.
vermeintlichen Vorzüge der Atomenergie noch einmal Revue passieren. Die
grundsätzlichen BefürworterInnen der Kernenergie bringen dafür im Wesentlichen
drei Argumente vor: Atomenergie ist CO2-frei, sicher und lässt auf
neue vielversprechende Reaktortypen hoffen.
Beginnen wir von hinten:
Neue Reaktortypen werden seit Jahrzehnten diskutiert, Versuchstypen
verschlangen enorme Geldsummen, ihre erfolgreiche Erprobung ist bislang nie
gezeigt worden und sie kämen für die Bewältigung der Klimakrise zu spät. Auch
die sogenannten »Small Modular«-Reaktoren[iii] werfen
mehr neue Probleme auf als sie alte lösen, und die Fusionsenergie käme, wenn
überhaupt jemals, viel zu spät.
Die Gefahr einer großen Havarie (GAU) und ihrer Folgen ist
weiterhin das größte Problem der Atomenergienutzung, wenngleich sich
BefürworterInnen und GegnerInnen in ihrer Beurteilung stark unterscheiden.
Festzustellen bleibt aber, dass ein intrinsisch sicherer Reaktortyp nicht
existiert und dass die bisherigen Unglücke neben den großen Opfern an
menschlichem Leben, Natur und Umwelt exorbitante finanzielle Kosten
verursachen. So werden Kosten aller Hinterlassenschaften für die Entsorgung der
verstrahlten Abfälle und Gebäude von Fukushima auf mehrere hundert Milliarden
US$ geschätzt (Vettese und Pendergras 2022). Unabhängig davon bleiben die
gewaltigen Probleme des Uranbergbaus, der zivil-militärischen Ambivalenz und
der Endlagerung. Hinzu kommt, dass sich Planung und Bau neuer Atommeiler über
Jahrzehnte hinzieht und zu extrem teuren Anlagen führt.
Damit kommen wir zur Frage, wie hoch die tatsächliche CO2-Emission
eines AKW ist, und zwar der gesamten technischen Prozesskette, beginnend mit
dem bergmännischen Uran-Abbau bis hin zum Endlager und Rückbau. Diese Frage
wird in der Öffentlichkeit in der Regel schnell beantwortet: AKW sind CO2-frei,
heißt es – dies sei ihr entscheidender Vorteil, um mit der Klimakrise
zurechtzukommen! Aber ist das wirklich so?
Die von der IPCC ermittelten Rahmenbedingungen kann man auf
die noch zulässige CO2-Menge (in g) pro erzeugter elektrischer
Energiemenge (in kWh) herunterrechnen. Klimamodelle kommen für die Einhaltung
des 2-Grad-Ziels auf einen nicht zu überschreitenden Emissionswert von ca. 15
gCO2/kWh (Vettese und Pendergras 2022). Um diesen Wert einschätzen
zu können, ein Beispiel eines Berliner Wohnblocks mit ca. 20 Wohneinheiten: Der
Betrieb der Ölheizung verursacht einen jährlichen Verbrauch von 320.000 kWh,
die mit einer Emission von ca. 100 Tonnen CO2 verbunden ist. Das
entspricht etwa 300 gCO2/kWh, also einem um den Faktor 20 zu hohen
Wert. Zurzeit bietet der Anschluss an die Berliner Fernheizung einen
erstaunlich niedrigen Wert von 42 gCO2/kWh an; deutlicher besser,
aber noch immer zu hoch.
Den CO2-Wert für den Betrieb eines
Atomkraftwerkes über alle Unwägbarkeiten der Prozesskette hinweg abzuschätzen,
führt zu einer großen Bandbreite der emittierten CO2-Menge. Ein
Literaturüberblick kommt zu einem Mittelwert von 66 gCO2/kWh
(Sovacool 2008), das World Information Service on Energy gibt sogar 88-146 gCO2/kWh
an (WISE International 2017). Zum Vergleich:
Sonnen- und Windenergie kommen auf Werte bis hinunter zu 1 gCO2/kWh
(Nugent and Sovacool 2014), das Umweltbundesamt veranschlagt bei Wind 8-11 gCO2/kWh
(UBA 2021). Wichtig ist hier, dass bei einem breiten Einsatz von Kernenergie
zunehmend auf minderwertige Uranlagerstätten zurückgegriffen werden muss.
Entsprechend steigt aber der gCO2/kWh-Wert weiter. Obwohl beim
Normalbetrieb der Atommeiler wenig CO2 produziert wird, fällt die
Gesamtbilanz im Vergleich zu den nicht-fossilen Energieträgern deutlich negativ
aus. Das ist übrigens beim Elektroauto sehr ähnlich. Die reine Produktion des
Autos führt zurzeit zu einer CO2-Emission von mehr als zehn Tonnen.
Unser persönliches CO2-Guthaben wäre für die nächsten zehn Jahre
verbraucht.
Es bleibt die Frage, warum uns nach Ansicht der
BefürworterInnen nicht ein »kleines Strecken« der Laufzeit, bis die zurzeit
installierten Brennstäbe endgültig abgebrannt sind, weiterhilft. Dies würde ja
die Endlager praktisch nicht mehr belasten, und der weitgehend sichere etwas
längere Betrieb könnte wahrscheinlich gewährleistet werden. Das wären durchaus
nachvollziehbare Argumente, wenn tatsächlich der endgültige Ausstieg nicht
infrage gestellt würde – woran, wie gesagt, aber Zweifel aufkommen. Schon der
Streckbetrieb – wie übrigens sogar die Notfallvorhaltung – bedürfen einer
Gesetzesänderung, die dazu genutzt werden könnte, den Wiedereinstieg in die
Atomkraft zu erreichen.
Ernsthafte Antworten
suchen
Es sollte klar geworden sein, dass es genügend schnell
wirkendes Spar- bzw. ökologisch sogar notwendiges Reduktionspotential gibt,
dessen Umsetzung gerade nicht durch Einsatz von Atomenergie verzögert werden
darf. Nochmal: Der Um- bzw. Rückbau der Wirtschaft war von der neuen Regierung
versprochen, der Krieg in der Ukraine ändert daran nichts. Die jetzt
vorgenommenen Investitionen in fossile Infrastruktur sind fehl am Platz.
Letztendlich zeigen sie, dass man die Klimakrise noch immer nicht ernst nimmt.
All dies verdeutlicht, wie schwer es der Demokratie fällt,
die von der Wissenschaft aufgezeigten planetarischen Grenzen umzusetzen. Wir
wissen zwar um ihre Notwendigkeit für unser Überleben, sind aber nicht in der
Lage, zugunsten unserer langfristigen Überlebensinteressen auf kurzfristige
Vorteile zu verzichten. Kognitive Dissonanzen werden verdrängt; man greift zur
scheinbar einfachsten Lösung, jetzt der Atomenergie, damit sich nichts ändert.
Zu welchen Ausflüchten werden wir greifen, wenn große Teile Deutschlands im
Sommer nicht mehr bewohnbar sind, wenn der Meeresspiegel steigt und wenn
schließlich die Lebensmittel knapp werden? Werden wir dann dem modernistischen
Reflex folgen und uns auf das irrsinnige Abenteuer des »geo-engineering«
einlassen, d.h. die Erdatmosphäre durch Eintrag von reflektierenden Partikeln
zu managen – und für immer in das Grau des aerosolgetrübten Himmels blicken?
Angesichts der Widersprüchlichkeit, ja Irrationalität
unserer Lebensführung stellt sich die grundsätzliche Frage, wie eine
demokratisch verfasste Gesellschaft dem Klimawandel begegnen kann. Denn sie ist
zu tiefst verwurzelt in einem System, das durch billige Energie und den
materiellen Überfluss stabilisiert wird. Unser Wirtschaftssystem kennt nur
Wachstum, und Wachstum bedeutet erhöhten Ressourcennachschub, insbesondere vom
Globalen Süden in den Norden. »Überfluss und Freiheit« (Charbonnier 2022) –
Freiheit im Sinne der Unabhängigkeit von Naturzwängen –
hängen in der Neuzeit zusammen und dafür gibt es im Anthropozän, im Zeitalter
der Kollision der menschlichen mit den planetarischen Geschichte, keine
einfache Grundlage mehr.
Literatur
Charbonnier, P. (2022): Überfluss und Freiheit: Eine
ökologische Geschichte der politischen Ideen. S. Fischer.
Gabrielli, P., et al. (2020): Early atmospheric contamination on
the top of the Himalayas since the onset of the European Industrial Revolution.
PNAS 117, S. 3967-3973.
Meier, K.
und Hofmann, C. (2022): Ist ohne Gas unser Wohlstand in Gefahr? Oder nur der
schlechte Status Quo? Der Freitag 30/2022.
Nugent, D.
und Sovacool, B.K. (2014): Assessing the life cycle green house gas emissions
from solar PV and wind energy: Acritical meta-survey. Energy Policy 65,
S. 229–244.
Pistner C. et al. (2021): Sicherheitstechnische Analyse und
Risikobewertung einer Anwendung von SMR-Konzepten (Small Modular Reactors). BASE-Forschungsbericht, 17. März
2021.
Sovacool,
B.K. (2008): Valuing the greenhouse gas emissions from nuclear power: A
critical survey. Energy Policy 36, S. 2950-2963.
Steffen,
W., et al. (2015): Planetary boundaries: Guiding human development on a changing
planet. Science 347, 1259855.
Stiglitz,
J. (2019): The climate crisis is our third world war. It needs a bold response.
The Guardian, 4.6.2019.
UBA (2021): Aktualisierung und
Bewertung der Ökobilanzen von Windenergie- und Photovoltaikanlagen unter
Berücksichtigung aktueller Technologieentwicklungen. Umweltbundesamt
, Climate Change 35/2021.
Vettese, T. und Pendergras, D. (2022): Half-earth socialism: A plan to
save the future from extinction, climate change and pandemics. Verso.
WISE
International (2017): Climate change and nuclear
power. An analysis of nuclear greenhouse gas emissions. Studie im Auftrag des
WISE.
Franz Fujara ist
pensionierter Experimentalphysiker der TU Darmstadt
(fujara@physik.tu-darmstadt.de). Seine Forschungsthemen liegen in der
Neutronenforschung, der Kernspinresonanz und im Bereich der zivil-militärischen
Ambivalenz nuklearer Technologien.
Ernst Rößler ist
pensionierter Experimentalphysiker der Universität Bayreuth
(ernst.roessler@uni-bayreuth.de). Seine Forschung untersuchte molekulare Gläser
mit Hilfe der dielektrischen und kernmagnetischen Spektroskopie.
[i] Analysen mehrerer Eisbohrkerne aus
Himalaya-Gletschern erlauben die Luftverschmutzung in einem Zeitraum von
1499-1992 zu dokumentieren. Danach ist der Gehalt von Schwermetallen im Eis ab
ca. 1780 deutlich angestiegen. Weil diese Schwermetalle bei der Verbrennung von
Kohle entstehen und diese fossilen Brennstoffe damals in Asien noch nicht
genutzt wurden, ist Europa dafür verantwortlich (Gabrielli et al. 2020).
[ii] Neben der direkten Sonnenenergienutzung
(Photovoltaik, Solarthermie) zählt dazu auch die Wind- und Wasserenergie sowie
die Energie aus Biorohstoffen. Von anderer Natur sind die Geothermie und die
Gezeitenenergie.
[iii] »Small Modular Reactors« (SMR) werden seit
den 1950er Jahren vor allem als U-Boot-Reaktoren gebaut. Sie werden wegen ihrer
Kleinheit als zukünftige Alternative zu den heutigen großen Kernkraftwerken
propagiert. Ein BASE-Forschungsbericht setzt sich kritisch mit der zivilen
Anwendung von SMR-Konzepten auseinander (Pistner 2021).
Abbildung:
Planetarische Grenzen, „P“ und „N“ stehen für Phosphor bzw. Stickstoff (nach Wikipedia: J. Lokrantz/Azote, basierend auf Steffen et al. 2015).
Vorabdruck. Dieser Text
erscheint hier mit freundlicher Genehmigung durch die Redaktion der Zeitschrift
Wissenschaft und Frieden (W&F) vorab. Der Text erscheint in der kommenden
Ausgabe 4/22
Eine gemeinsame Erklärung der deutschen und kanadischen Zivilgesellschaft
Anlässlich der Kanadareise von Bundeskanzler Olaf Scholz und im
Vorfeld der angekündigten Ratifizierung des Handels- und
Investitionsschutzabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) durch den
deutschen Bundestag bringen wir – Gewerkschaften, Menschenrechts-,
Umwelt- und weitere gesellschaftliche Organisationen – unsere anhaltende
Ablehnung gegenüber CETA zum Ausdruck; denn CETA schützt einseitig
Konzerninteressen, indem es demokratische Willensbildung untergräbt und
wirksame Politik zum Schutz von Klima, Umwelt und dem Sozialen
verhindert.
Während die meisten Vertragsbestandteile von CETA in Europa und
Kanada seit fast fünf Jahren vorläufig angewendet werden, gilt dies
nicht für die umstrittenen Bestimmungen zum Investitionsschutz. Diese
Bestimmungen sowie die geplante Schaffung einer Sondergerichtsbarkeit
(Investment Court System, ICS) würden ausländischen Investoren exklusiv
das Privileg einräumen, Staaten vor einem privaten Schiedsgericht statt
vor nationalen Gerichten zu verklagen sobald sie erwartete Profite durch
Gesetzgebung beeinträchtigt sehen. Diese Sondergerichtsbarkeit für
private Investoren würde nur dann geschaffen, wenn die Parlamente aller
EU-Mitgliedstaaten CETA ratifizieren.
Die geplante Sondergerichtsbarkeit ICS stellt, wie jedes andere
Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (investor–state dispute
settlement, ISDS) eine immense Bedrohung für die souveräne
Politikgestaltung durch Parlamente dar, beispielsweise bei der
Bekämpfung der Klimakrise, der Anhebung von Sozial- oder
Umweltstandards. ISDS-Mechanismen wurden auch von kanadischen
Unternehmen bereits mehrfach eingesetzt, um demokratisch beschlossene
Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zu untergraben. So drohte das
kanadische Unternehmen Vermilion Energy mit einer milliardenschweren
ISDS-Klage, um ein französisches Gesetz aus dem Jahr 2017 zu blockieren,
das die Förderung fossiler Brennstoffe bis 2040 beenden sollte. Dies
ist nur ein Beispiel dafür, wie ISDS-Mechanismen wirksame
Klimaschutzmaßnahmen und den Ausstieg aus fossiler Energie verhindert
haben und weiterhin verhindern werden.
Deutsche Regierungsparteien haben kürzlich angekündigt, CETA mit
einer Interpretationserklärung zum Investitionsschutzkapitel
ratifizieren zu wollen.
Die unterzeichnenden Organisationen aus Deutschland und Kanada
verurteilen dieses Vorgehen und weisen erneut darauf hin, dass es keine
Rechtfertigung für die Schaffung einer Sondergerichtsbarkeit für
Investorenrechte gibt – mit oder ohne Auslegungserklärung, welche
sowieso keine oder nur geringe Auswirkungen auf zukünftige
ISDS-Schiedsverfahren hätte.
Die geplante vollständige Ratifizierung von CETA würde zudem die
gefährlichen und einseitigen Sonderrechte für Investoren massiv
ausweiten. Nicht nur kanadische und europäische Investoren wären
klageberechtigt, sondern z.B. auch US-Konzerne mit Tochtergesellschaften
in Kanada und in Europa.
Im krassen Gegensatz zu diesen einklagbaren Rechten sieht CETA
keinerlei Verpflichtungen für Investoren vor. Ebenso wenig ermöglicht
das Abkommen Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden oder Gewerkschaften,
Klage zu erheben, wenn ein Unternehmen gegen Umwelt-, Arbeits-,
Gesundheits-, Verbraucherschutz oder andere Vorschriften verstößt.
In einem Abkommen zwischen der EU und Kanada sind Sondergerichte für
Konzerne völlig überflüssig, denn Investoren in beiden Ländern können
ihre Rechte ja vor nationalen Gerichten geltend machen, so wie jeder
andere auch. Es gibt keinen Grund, warum Investoren ein spezielles und
exklusives Gericht für sich bräuchten – eines, das in der Vergangenheit
häufig zugunsten von Konzernen und gegen Staaten entschieden hat. Dieses
Schiedssystem ist in einem Abkommen unter Freunden nicht nur unnötig,
sondern brandgefährlich!
Angesichts der Klima- und Energiekrise würde die vollständige
Ratifizierung von CETA einer Transformation unserer Volkswirtschaften
und dem Ausstieg aus fossilen Energien nur Steine in den Weg legen. Denn
die Einführung von Sonderrechten für Konzerne käme vor allem den Öl-,
Gas- und Rohstoffunternehmen zugute. Wenn wir unsere Abhängigkeit von
fossilen Brennstoffen schnell beenden wollen, darf die CETA-
Sondergerichtsbarkeit für Investoren auf keinen Fall eingeführt werden.
Sonderrechte für Konzerne sind ein Relikt des 20. Jahrhunderts, das der Lösung der drängendsten Probleme des 21. Jahrhunderts im Wege steht. Stattdessen brauchen wir einen Paradigmenwechsel hin zu einer Handelspolitik, die die Interessen der Menschen und des Planeten in den Vordergrund stellt. Mit der Ratifizierung von CETA würden wir uns von dieser dringend notwendigen Entwicklung weit entfernen.
Wir fordern daher die Verantwortlichen auf, den CETA-Ratifizierungsprozess zu stoppen! Keine Sonderrechte für Investoren! Schützen wir Menschen und das Klima, nicht die Profite von Konzernen.
In einem Offenen Brief fordert die Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis in Sachsen-Anhalt von Kanzler Olaf Scholz (SPD), alle Sanktionen gegen Russland zu stoppen und Verhandlungen zur Beendigung des Krieges aufzunehmen.
Wie Krieg und Frieden mit den Folgen des Klimawandels zusammenhängen, analysiert Professor Jürgen Scheffran am aktuellen Krieg Russlands in der Ukraine. Nachhaltige Energieversorgung und wirksamer Klimaschutz sind auch ein wichtiger Beitrag zur Friedenssicherung.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg von
Russland in der Ukraine hat die Koordinaten der internationalen Ordnung
durcheinandergewirbelt. Glaubt man der Darstellung in Massenmedien und
Regierungspolitik, herrscht zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg
wieder Krieg in Europa, ungeachtet der Kriege in Jugoslawien und der
ehemaligen Sowjetunion nach 1990. Es wird der Eindruck erweckt, die
liberale Weltordnung habe über drei Jahrzehnte den Frieden in der Welt
gesichert und wurde nun plötzlich durch einen skrupellosen Diktator aus
dem Dornröschenschlaf gerissen. Unter dem Diktat der ausgerufenen
»Zeitenwende«, in der alles von der Kriegslogik beherrscht wird, seien
frühere Gewissheiten über Krieg und Frieden obsolet oder naiv geworden.
Gehört die Friedenspolitik insgesamt auf den Prüfstand?
„Netzwerke der Wissenschaft mit Russland und der Ukraine sind Keimzellen des Wiederaufbaus von Vertrauen“, sagen Malte Albrecht und Jürgen Scheffran. In ihrem Gastbeitrag schlagen sie konkrete Schritte für eine friedensfördernde Wissenschaft vor.
Am 2. Juli 2022 demonstrierten 4.000-6.000 Menschen in Berlin
unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Kriege! 100 Milliarden für
eine demokratische, zivile und soziale Zeitenwende statt für
Aufrüstung“.
Für die Demonstration hat sich ein breites
zivilgesellschaftliches Bündnis zusammengefunden (friedensbewegte
Studenten und Rentnerinnen, Ärztinnen und Hafenarbeiter, Aktive aus DKP,
Kirche, Jugendorganisationen, LINKE, GRÜNE und SPD, IPPNW,
Gewerkschaften, Friedens- und Antifa-Gruppen und vielen weiteren). Die
gemeinsame positive Entwicklungsambition für die Menschheit entgegen der
plan- und hilflosen militärischen Eskalation fand auch in einer
solidarischen Kultur zwischen allen Teilnehmenden und
Bündnispartner:innen Ausdruck.
NatWiss unterstützt die Demonstration für eine Zivile Zeitenwende am 2. Juli 2022 in Berlin.
Am 2. Juli 2022 findet in Berlin die bundesweite Demonstration unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Kriege! 100 Milliarden für eine demokratische, zivile und soziale Zeitenwende“ statt.
Nachdem das 100 Milliarden Euro Aufrüstungspaket nun nach dem Bundestag, auch im Bundesrat beschlossen worden ist, ist es umso notwendiger, dass wir mit der solidarischen, friedlichen Alternative lautstark und ausgreifend auf die Straße gehen und im sich stetig erweiternden progressiven Bündnis mit unserer Demo den Beginn der humanen Zeitenwende einläuten!
NatWiss veröffentlicht hier den Brandbrief von Hans-Ulrich Oberländer und Dr. Christoph Körner, der bereits vor 2,5 Jahren entstanden war und nun anlässlich des Ukraine-Krieges „nachgeschärft“ wurde.
Es reicht für den Triumphzug des Bösen, wenn die Guten nichts tun. Edmund Burke (1729 – 1797)
Der wohl einzige denkbare Vorgang
zur menschengemachten totalen Vernichtung des Lebens auf unserem Planeten ist
das Nukleare Ereignis. Es tritt nach
der Zündung von eintausend, möglicherweise bereits zweihundert nuklearen
Sprengköpfen bei angenommen durchschnittlicher vierfacher Sprengwirkung der
Hiroshima-Bombe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein. Am Tag
nach „dem nuklearen Schlagabtausch“ – er könnte sich nach verselbständigter Eskalation
eines militärischen Konflikts urplötzlich ausgelöst, innerhalb eines Tages vollziehen.
Dann lässt sich die Menschheit in drei Kategorien einteilen: Erstens
diejenigen, die verdampft oder verglüht sind, zweitens diejenigen, die
innerhalb eines Monats einen qualvollen Strahlentod erleiden, drittens
diejenigen, die innerhalb eines Jahres verdursten, verhungern oder erfrieren.
Niemand entgeht diesem Schicksal. Es ist das Ende der Menschheitsgeschichte. Es
gibt keine Nachgeborenen und keine Zukunft.[1]
Mit Ende des Kalten Krieges in 1991
atmete die Menschheit auf und hoffte auf eine Ächtung sämtlicher Nuklearwaffen auf
Basis abgeschlossener oder abzuschließender Vereinbarungen. Doch die Realität
entwickelte sich anders: In 2016 betrug die geschätzte Zahl einsetzbarer
Nuklearwaffen 15.400, verteilt auf neun Staaten und weiterer im Status „nuklearer
Teilhabe“, zu denen auch Deutschland zählt.[2] Nach
aktueller Einschätzung droht nicht nur ein neues nukleares Wettrüsten. Think
Tanks wie The Atlantic Council entwickelten sogar Erstschlagoptionen.[3] Nicht zu
vergessen, dass Kernkraftwerke durch konventionelles Bombardement, Lenkrakete
oder Cyberangriff problemlos zur Kernschmelze gebracht werden können. Damit
lassen sie sich zur weithin tödlich strahlenden Supermine umfunktionieren, was Hacker
ermuntern könnte, hiermit Staaten zu erpressen. Auch besteht die Gefahr, dass durch
ein oder mehrere so in die Kernschmelze geratene KKW ein schwelender Konflikt
in angespannter Atmosphäre einen mit Nuklearwaffen geführten Krieg auslöst.
Das „nukleare Böse“ verfolgt seinen
skrupellosen Weg atomarer Hochrüstung, gepaart mit auch von Medien gestütztem Erzeugen
von Feindbildern – ungeachtet von Protesten, Demonstrationen oder zivilem
Ungehorsam. Bedauert wird, dass der in 2017 vor der UNO von 122 Staaten
unterzeichnete Vertrag zum Verbot von Nuklearwaffen quasi ohne Auswirkungen auf
die Weltpolitik blieb. Es entzieht sich jeglicher auf Vernunft gegründeten
Logik, warum das gegenwärtig etablierte gewaltbasierte Sicherheitsdenken nicht
als pervertiertes Gegenteil von Sicherheit entlarvt wird. Denn es provoziert die
atomare Apokalypse, statt sie abzuwenden.
Was kann getan werden?
Als einziger Ausweg wird die
gewaltfreie – Annektionsduldung[4] als
ultima ratio einschließende – Konfliktbearbeitung gesehen, die militärische
Entrüstung und Paktfreiheit ermöglicht. Diesen Weg anerkennende Staaten
schließen sich zu einer Allianz zusammen. Bis auf mit leichten Waffen
ausgestattete Polizeieinheiten entrüsten sie sich vollständig und lösen ihr
Militär auf. Der Sanftmacht von Gewaltfreiheit dürfte das militärisch-industriell-politische
Böse nichts entgegensetzen können, glauben wir. Es muss eine Kultur des
Friedens gewagt werden – bevor es zu spät ist. Wichtig zu wissen: Jegliche als
Verteidigungsmaßnahme verbrämte militärische Strategie würde die der
Gewaltfreiheit innewohnende Kraft schwächen.
Zur Umsetzung wird eine klug
organisierte internationale Bewegung mit EU-Staaten als Impulsgeber mit dem
Ziel einer Allianz entmilitarisierter Staaten gebraucht. Deutschland sollte
dazugehören beziehungsweise diese initiieren.
Wir protestieren gegen die gegenwärtige
auf Gewalt oder Androhung von Gewalt gegründete Sicherheitspolitik. Wir fordern
die Auflösung der NATO[5], die
durch den Austritt und Entschluss von Mitgliedsländern zur Paktfreiheit
(Neutralität) eingeleitet werden könnte. Wir fordern die Umgestaltung der
Bundeswehr in eine Institution für Peacemaker und Katastrophenschutz sowie
Beendigung der Rüstungsproduktion.[6] Teilnehmerstaaten
mit Kernkraftwerken auf ihrem Territorium müssen ein akzeptables Ausstiegskonzept
aus der Atomstromerzeugung vorweisen.
Wir hoffen und erwarten, dass sich weitere
Personen und Institutionen unserem Protest anschließen und sich zwecks
geeigneter Maßnahmen vernetzen.
Jena, Erlau, im August 2019, März
2022 anlässlich Ukraine-Überfall „nachgeschärft“
[1] Beim NE/Nuklearen
Ereignis ist es unerheblich, ob auf einen Erstschlag noch ein Gegenschlag
folgt. Keine Zukunft belegen eindrücklich die amerikanischen Spielfilme „Das
letzte Ufer“ (1959), „Der Tag danach“ (1983), antiquarisch über Amazon
beziehbar oder im mp4-Format bei den Briefautoren ausleihbar. Das angestrebte
Filmprojekt einer „aktuell angepassten“ Version ist leider an mangelnder
Sensibilisierung & ehrenamtlichem Engagement dazu Angesprochener (Drehbuch,
Regie) gescheitert.
[2] Die
Überlegungen/Einsichten von Günther Anders in „Die atomare Drohung“, München
1981, Hoimar v. Ditfurth „So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist
so weit“, Hamburg 1985, Wolfgang Sternstein „Endzeit. Hoffnung und Widerstand
im Atomzeitalter“, Pliezhausen 2017, Michail Gorbatschow „Kommt endlich zur
Vernunft – nie wieder Krieg!“, Benevento Publishing 2017, sollten zur
Pflichtlektüre jedes ernsthaft Friedensbewegten zählen.
[3] Zu
finden u.a. in „Das Atomwaffenkartell – Ende der Abrüstung?“, ARD 5.8.19,
abrufbar in Mediathek unter „Atomwaffenkartell“. Friedensbesorgte können sich
selbst eine Meinung zur lebensverach-tenden Skrupellosigkeit von dort
Interviewten bilden. Unseres Erachtens bleibt in der Dokumentation neben dem
militärisch-industriellen Komplex als verstärkende Gefahrenkomponente die
hegemoniale Machtsucht politischer Entscheidungsträger weitgehend ausgeblendet.
[4] Als organisierter
gewaltfreier Widerstand, wie von Mohandas K. Gandhi, Theodor Ebert entwickelt,
praktiziert
[5] In
„Illegale Kriege. Wie die Nato-Länder die UNO sabotieren“; orell füssli 2018 enthüllt
der Schweizer Historiker Daniele Ganser, dass es sich bei der NATO um kein
Verteidigungsbündnis handelt, sondern um einen von den USA dominierten
Militärpakt, der sowohl die Eskalation von Konflikten als auch Kriege zu
verantworten hat.
[6] Streng
kontrollierte Ausnahme: leichte Waffen für Polizei, Jagd, Sport
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